Bischofsweihen für die Priesterbruderschaft St. Pius X.Die Bischofsweihen für die Priesterbruderschaft St. Pius X. begründeten im Jahr 1988 die endgültige kirchenrechtliche Trennung der bereits 1976 kirchenrechtlich aufgehobenen, ihr Wirken aber fortsetzenden Priesterbruderschaft St. Pius X. von der Römisch-Katholischen Kirche. Durch die Weihe von vier Bischöfen gegen den ausdrücklichen Willen des Papstes zogen sich die Weihespender ebenso wie die Weihekandidaten die Exkommunikation latae sententiae zu, die der Vatikan erst 2009 für die zu diesem Zeitpunkt noch lebenden Akteure aufheben sollte. Auch nach dieser Aufhebung blieb der kirchenrechtliche Status der Priesterbruderschaft indes irregulär; die Piusbruderschaft wird von Rom nicht als Teil der katholischen Kirche anerkannt. Gespräche über eine Verständigung sind bislang nicht erfolgreich. Über die Frage einer Wiederholung der Ereignisse von 1988 in der Zukunft wird spekuliert. VorgeschichteErzbischof Marcel Lefebvre (1905–1991) gründete 1970 die Priesterbruderschaft St. Pius X. in Reaktion auf von ihm abgelehnte vermeintliche modernistische Tendenzen in der Römisch-Katholischen Kirche, vor allem durch das Zweite Vatikanische Konzil (1958–1963) und die Liturgiereform Papst Pauls VI. Da er sich weigerte, die Heilige Messe (auch) im neuen Ritus zu zelebrieren und ohne die Erlaubnis des Vatikans Priesterweihen spendete, wurde er am 22. Juli 1976 von Paul VI., der ihm Ungehorsam vorwarf, suspendiert. Durch diese Sanktion war es dem Erzbischof verboten, von seiner Weihegewalt Gebrauch zu machen, insbesondere die Eucharistie zu feiern oder die Beichte oder irgendein anderes Sakrament zu spenden.[1] Als Gründe für die Maßnahme wurden die Ablehnung der Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils, die Missachtung des Leitungsamts des Papstes und der Verstoß gegen die Einheit der Kirche angegeben.[1] Bei der Suspendierung handelte es sich um eine Beugestrafe, die den Betroffenen zu einer Aufgabe des Verhaltens veranlassen soll, welches die Suspendierung erforderlich machte. Eine solche Verhaltensänderung war bei Lefebvre jedoch nicht zu beobachten, weswegen die Suspendierung nicht aufgehoben wurde, sondern bis zu den Bischofsweihen im Jahr 1988 bestehen blieb. Die Priesterbruderschaft selbst wurde durch den Ortsbischof, Pierre Mamie, am 6. Mai 1975 aufgehoben. Lefebvre schöpfte die gegen diese Maßnahme zulässigen Rechtsmittel aus, es blieb aber bei der Entscheidung, die, wie Lefebvre mitgeteilt wurde, mit der „vollen Billigung“ des Papstes ergangen sei. Der damalige Kardinalstaatssekretär, Kardinal Villot teilte in einem Schreiben an die Bischofskonferenzen mit: „Eines ist sicher, die ‚Priesterbruderschaft Heiliger Pius X.‘ existiert nicht mehr.“[2] Trotz der juristischen Niederlagen hielt Lefebvre indes auch hier an seiner Haltung fest und die Priesterbruderschaft St. Pius X. setzte ohne kirchenrechtlichen Status ihre Arbeit fort. Spätestens ab dem Frühjahr 1987 ist belegt, dass Lefebvre, der sich Sorgen um den Fortbestand der Bruderschaft nach seinem Tode machte, weil er nicht annahm, dass sich ein Bischof fände, der bereit wäre, neue Priester für die Bruderschaft zu weihen, daran dachte selbst Bischofsweihen vorzunehmen. Eine entsprechende Ankündigung machte Lefebvre etwa am 29. Juni 1987 anlässlich einer von ihm durchgeführten Priesterweihe in Econe.[3] Diese Bestrebungen wurden in Rom mit Sorge beobachtet; denn nach katholischem Verständnis darf ein Bischof zwar keine Bischöfe ohne päpstlichen Auftrag weihen, wenn er es jedoch gleichwohl tut, ist die Weihe in der Regel gültig. Der unerlaubt geweihte Bischof ist zwar ein Schismatiker, steht aber dennoch in der Apostolischen Sukzession und kann, wenn auch weiterhin unerlaubt, die Weihegewalt selbst ausüben. Die unerlaubte Weihe eines Bischofs kann somit der Grundstein für den Aufbau einer Gegenkirche sein.[4] VermittlungsbemühungenNach dem Tod von Papst Paul VI. und dem Amtsantritt seines Nachfolgers Johannes Paul II. versuchte auch dieser, die Möglichkeiten einer Verständigung auszuloten, ohne dass es zu einer Einigung gekommen wäre. Nach der deutlichen Ablehnung des von Johannes Paul II. initiierten Weltgebetstreffens in Assisi im Jahr 1986 durch die Piusbruderschaft verschlechterte sich das Verhältnis zwischen beiden Seiten weiter. Nachdem die Gespräche seitens der Kurie ursprünglich vor allem von dem späteren Kardinal Henri Schwery geführt worden waren, vertraute Johannes Paul II. das Problem der Piusbruderschaft nunmehr dem Präfekten der Glaubenskongregation, Joseph Kardinal Ratzinger an. In einem Schreiben des Papstes vom 8. April 1988 an Kardinal Ratzinger wurde die Vermeidung eines Schismas ausdrücklich zur Maxime der Handlungen des Apostolischen Stuhls erklärt.[5] VisitationNach der erwähnten Ankündigung Lefebvres kam es im Sommer 1987 zu Gesprächen zwischen dem Erzbischof und Kardinal Ratzinger, infolge derer eine Apostolische Visitation der Bruderschaft angeordnet wurde, um die diese selbst in den Jahren zuvor mehrfach gebeten hatte. Am 17. Oktober 1987 wurde der Präsident des Päpstlichen Rates für die Familie, Édouard Kardinal Gagnon zum Visitator bestimmt.[3] Lefebvre, der bereits den 27. Dezember 1987 als Termin für die Bischofsweihen in Aussicht genommen hatte, wollte sich dieser Einigungsoption nicht entziehen. Am 3. Oktober 1987 anlässlich einer Messe zur Feier seines 40. Bischofsjubiläums erklärte er vor den Gläubigen: „Das ist ein Hoffnungsschimmer ... Wenn Rom uns eine wahrhafte Unabhängigkeit geben will, diejenige, die jetzt haben, aber mit der Unterwerfung – wir wollen sie, wir haben es immer gewünscht, dem Heiligen Vater unterworfen zu sein – ... wenn Rom damit einverstanden ist, dass wir das Experiment der Tradition machen, dann sind die Schwierigkeiten beseitigt.“[6] In der Predigt zur Weihe der von ihm ernannten Bischöfe sollte Lefebvre erneut darauf hinweisen, dass es ein Erfolg der Bruderschaft sei, nach ihrer Aufhebung durch die Römische Kirche und vierzehn Jahre nach der letzten Visitation erneut Gelegenheit zu haben, Rom die tatsächlichen Verhältnisse vor Augen zu führen. Die Visitation dauerte vom 11. November bis zum 8. Dezember 1987. In dieser Zeit besuchte Gagnon die wichtigsten Einrichtungen der Bruderschaft in Frankreich, der Schweiz und Deutschland, meist begleitet von dem Luxemburger Camille Perl, dessen Wirken später eng mit dem Phänomen des Traditionalismus verbunden sein sollte. Nach dem Eindruck der Priesterbruderschaft war Gagnon mit allem, was er vorfand sehr zufrieden, insbesondere auch im Hinblick auf die Priesterausbildung. In das Goldene Buch des Priesterseminars von Econe trug er ein: „Möge die Unbefleckte Jungfrau unsere innigen Gebete erhören, damit das in diesem Haus wunderbar vollbrachte Werk der Ausbildung seine ganze Strahlkraft für das Leben der Kirche findet.“[7] Zum Ende der Visitation nahm Gagnon öffentlich an dem Pontifikalamt des eigentlich suspendierten Erzbischofs Lefebvre teil.[8] Das Abkommen vom 5. Mai 1988Als die Gerüchte um eine mögliche Bischofskonsekration Rom erreichten, traf sich Papst Johannes Paul II. dort mit Joseph Kardinal Ratzinger, Kardinal Edouard Gagnon und Henri Schwery. Im Ergebnis wurde die Bildung einer Kommission unter Führung Ratzingers beschlossen, die versuchen sollte, einen endgültigen Bruch mit der Piusbruderschaft zu verhindern.[9] In der Folge fanden Gespräche zwischen Ratzinger und Lefebvre in Ratzingers Wohnung in Rom statt.[10] Am 5. Mai 1988 unterzeichneten Lefebvre und Ratzinger als Präfekt der Glaubenskongregation ein Abkommen, das der Priesterbruderschaft einen kirchenrechtlichen Status als Gesellschaft des Apostolischen Lebens und nicht mehr nur, wie vor ihrer Aufhebung als Frommer Vereinigung verschaffen sollte und die Weihe von Bischöfen insoweit in Aussicht stellte, als die Übereinkunft die an den Papst gerichtete Bitte um die Weihe eines Bischofs aus der Bruderschaft vorlegte. Im Gegenzug hatte Lefebvre die Gültigkeit der Messe und der Sakramente, wie in den Bestimmungen Pauls VI. niedergelegt, akzeptiert und die allgemeine Disziplin der Kirche, vor allem der Bestimmungen des Corpus Iuris Canonici von 1983 anerkannt.[11] Tatsächlich sollte das Abkommen keinen Bestand haben, wobei die einzelnen Umstände seiner Erfolglosigkeit in Rom und Econe unterschiedlich gesehen wurden. In seiner Biographie über Benedikt XVI. berichtet Peter Seewald, Bischof Schwery habe gleich, als er von dem Abkommen erfuhr davor gewarnt, dass es keinen Bestand haben könne: „Jedes Mal, wenn Lefebvre mir etwas versprochen hatte, war er anderntags nicht mehr derselben Meinung, nachdem er seine engen Mitarbeiter konsultiert hatte, insbesondere Pater Franz Schmidberger.“[12] Am nächsten Tag soll Ratzinger dann Schwery erklärt haben, Lefebvre habe angerufen, um zu sagen, dass er seine Unterschrift zurückziehe.[13] Umgekehrt berichtet Franz Schmidberger in seinen Erinnerungen, Lefebvre habe nach intensivem Nachdenken erkannt, dass die Rahmenbedingungen des Protokolls keinen hinreichenden Schutz des Fortbestands der Priesterbruderschaft darstelle. Lefebvre solle deswegen in einem Brief vom 6. Mai 1988 auf die Unzulänglichkeit des Protokolls, insbesondere im Hinblick auf das Datum der Bischofsweihe hingewiesen habe. In der Darstellung Schmidbergers sei dies aber kein Widerruf der Unterschrift gewesen: „Der Erzbischof hatte genaugenommen das Protokoll nicht aufgekündigt, wohl aber um entsprechende Präzisierungen gebeten. Der Kardinal antwortete noch am gleichen Tag: Der Prozess der Versöhnung könne unter diesen Bedingungen nicht fortgesetzt werden. Auch betrachtete man den an den Papst gerichteten Brief des Erzbischofs vom 5. Mai als nicht ausreichend; man ließ Monseigneur einen Textentwurf zukommen, in dem er sich entschuldigen würde für das Unrecht, das er dem Heiligen Stuhl zugefügt habe.“[14] Trotz weiterer Gespräche zwischen Ratzinger und Lefebvre kam es zu keiner erneuten Einigung. Weder über die Zahl der zu ernennenden Bischöfe, noch über die in Betracht kommenden Personen, noch über den Zeitpunkt der Bischofsernennungen konnte ein Konsens erzielt werden. Der Kardinal erklärte, es werde mehr Zeit benötigt, die Personalakte über die Weihekandidaten zu prüfen; umgekehrt argwöhnte Erzbischof Lefebvre, der zu diesem Zeitpunkt immerhin schon 84 Jahre alt war, Rom versuche, die Weihe eines Bischofs bis nach seinem Tod hinauszuzögern. Im Vorfeld der WeihezeremonieNachdem er sein Vertrauen in eine konsensuale Lösung aufgegeben hatte, entschied sich Lefebvre, wissend, dass das den Bruch mit Rom bedeutet, zur Weihe der Bischöfe zu dem von ihm geplanten Termin am 30. Juni 1988 in Econe. Jetzt wurden die Weihekandidaten auch der Presse vorgestellt. Die WeihekandidatenDie Weihe empfingen schließlich Bernard Fellay, Alfonso de Galarreta, Bernard Tissier de Mallerais und der 2012 wegen Ungehorsams aus der Bruderschaft ausgeschlossene Richard Williamson. Die Auswahl soll auf einer Verständigung zwischen Erzbischof Lefebvre und dem Generaloberen der Bruderschaft, Franz Schmidberger, beruhen. Am 15. Juni 1988 wurden die Kandidaten der Öffentlichkeit im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt. Bernard FellayDer 1958 geborene Schweizer Bernard Fellay war der jüngste unter den neu geweihten Bischöfen. Er war 1982 durch Erzbischof Lefebvre zum Priester geweiht worden und war in der Bruderschaft vor allem als Ökonom tätig, ehe er 1994 zum Generaloberen gewählt wurde. Dieses Amt, in dem er 2006 bestätigt wurde, hatte er bis 2018 inne. Alfonso de GalarretaDer Spanier Alfonso de Galarreta wurde 1957 geboren. Seine Ausbildung absolvierte er ab 1975 im Priesterseminar von La Plata sowie ab 1978 im Seminar der Piusbruderschaft in Econe. Seine Priesterweihe empfing er 1980 von Erzbischof Lefebvre. Vor seiner Bischofsweihe war er Leiter des Distrikts Südamerika der Bruderschaft. Tissier de MalleraisBernard Tissier de Mallerais wurde 1945 in Frankreich geboren. In das Seminar der Piusbruderschaft trat er 1969 als einer der ersten Seminaristen ein und wurde 1975 in Econe zum Priester geweiht. Vor seiner Bischofsweihe wirkte er als Regens des Priesterseminars und als Generalsekretär der Piusbruderschaft. Nach seiner Weihe sollte er im Jahr 1991 seinerseits den mit der Piusbruderschaft befreundeten Geistlichen Licínio Rangel zum Bischof weihen. 2008 legte er eine umfangreiche Biographie über den Gründer der Bruderschaft, Erzbischof Lefebvre, vor. Tissier de Mallerais starb im Oktober 2024 im Alter von 79 Jahren an den Folgen eines Treppensturzes.[15] Richard WilliamsonDer Engländer Richard Williamson wurde 1940 geboren und war der älteste unter den Weihekandidaten. 1971 konvertierte er zum Katholizismus und wurde 1976 von Erzbischof Lefebvre zum Priester geweiht. Vor seiner Bischofsweihe war er als Professor am Seminar in Econe tätig und ab 1983 Regens des von der Piusbruderschaft in den Vereinigten Staaten unterhaltenen Priesterseminars in Ridgefield. 2012 wurde Williamson wegen Ungehorsams gegenüber den Oberen aus der Bruderschaft ausgeschlossen. Nach seinem Ausschluss aus der Priesterbruderschaft St. Pius X. nahm Williamson noch weitere Bischofsweihen vor, wodurch er sich erneut die Exkommunikation zuzog. HintergründeAuffällig war, dass Schmidberger selbst nicht unter den Weihekandidaten war. Die Gründe hierfür schildert Schmidberger in seinen Erinnerungen wie folgt: „Warum war der Generalobere nicht unter den Kandidaten? Dafür gab es gewichtige Gründe. Zunächst einmal hatte Kardinal Gagnon bei seiner Visitation gesagt, der Generalobere der Gemeinschaft solle nicht Bischof sein. Sodann war die Verteidigung der Bischofskonsekrationen für den Generaloberen viel leichter, wenn er selbst nicht direkt betroffen war. Schließlich waren auf die Konsekration hin Strafmaßnahmen, möglicherweise sogar die Exkommunikation von Seiten Roms zu erwarten. Sollten dann neue Gespräche für eine kirchenrechtliche Lösung in Gang kommen, so war es für Rom bei dieser Disposition einfacher zu verhandeln, als mit einem möglicherweise exkommunizierten Generaloberen.“[16] Die WeihespenderMarcel LefebvreHauptkonsekrator war Erzbischof Lefebvre selbst. Lefebvre war kurze Zeit nach seiner Priesterweihe in die Mission gegangen und wirkte als Apostolischer Delegat und als Erzbischof von Dakar. Nachdem er auf Wunsch von Papst Johannes XXIII. auf das Erzbistum verzichtet und Platz für einen einheimischen Bischof gemacht hatte, wurde er zum Bischof von Tulle benannt. Er blieb dies aber nur wenige Monate, bis er zum Oberen seines Ordens gewählt wurde. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil gab er auch dieses Amt auf und gründete die Priesterbruderschaft St. Pius X. Antônio de Castro MayerAls Mitkonsekrator fungierte Bischof Antônio de Castro Mayer (1904–1991). Mayer hatte in dem von ihm geleiteten Bistum Campos die Einführung der neuen Liturgie verweigert und nach seinem Rücktritt 1981 die dem alten Ritus verpflichtete Vereinigung vom hl. Johannes Maria Vianney gegründet. Als diese selbst nach dem Tode ihres Gründers im Jahre 1991 keinen Bischof mehr hatte, sicherten die für die Priesterbruderschaft St. Pius X. geweihten Bischöfe das Überleben der Gemeinschaft, indem sie einen von Mayer geweihten Priester, Licínio Rangel (1936–2002), zum Bischof weihten. Weihespender war Tissier des Mallerais und die Mitkonsekratoren Richard Williamson und Alfonso de Galarreta. Rangel söhnte sich freilich ab 2000 mit Rom aus und 2002 kehrte die Gemeinschaft vom hl. Johannes Maria Vianney als Personaladministration in die volle Gemeinschaft mit der römisch-katholischen Kirche zurück. Die ZeremonieDie Weihefeierlichkeiten fanden am 30. Juni 1988 in Écône statt. WeihepredigtErzbischof Levebvre hielt die Predigt, in der er zugleich eine Rechtfertigung seiner Entscheidung, die Bischöfe gegen den Willen des Papstes zu weihen, verteidigte. Neben einigen Erklärungen zum Ablauf und dem hier nicht im Wortlaut zitierten Hinweis, dass die Weihekandidaten schon vor der Zeremonie den Antimodernisteneid geleistet hatten, geht Lefebvre darauf ein, dass die Weihen kein schismatischer Akt sein sollen. Er beruft sich dabei, wie später die gesamte Priesterbruderschaft, auf eine Notstandslage, weil ohne Bischöfe keine Priester mehr für die Bruderschaft geweiht werden könnten und er die Seminaristen als Waisen zurücklassen müsste. Gleichzeitig rechtfertigt er den Abbruch der Verhandlungen mit Rom, weil er, hätte er am Abkommen vom 5. Mai festgehalten, die Bruderschaft an Kardinal Ratzinger und somit den Geist des zweiten Vatikanums und des interreligiösen Treffens von Assisi ausgeliefert hätte. Mit der Weihe hingegen setze die Bruderschaft nur das Werk der Tradition fort. Er erwähnte dabei, dass er die Worte, er habe weitergegeben, was er empfangen habe, gern auf seinem Grabstein sehen würde, was nach seinem Tode tatsächlich umgesetzt werden sollte. Unter Verweis auf mehrere Marienerscheinungen, in denen vorausgesagt worden sei, dass Rom sich vom Glauben abkehren werde führt er abschließend aus, dass er gegenwärtig nicht sagen könne, wann die Tradition in Rom wieder einziehen würde. Der Predigtext lautete in einer von der Bruderschaft selbst auf ihrer Internetpräsenz veröffentlichten Übersetzung von Ferdinand Steinhart auszugsweise wie folgt:
Apostolisches MandatEine Schwierigkeit im liturgischen Ablauf war, dass es an einem aus Rom gesandten päpstlichen Mandat fehlte. Levebvre hatte deswegen den Text des Mandats selbst verfasst. Der in der Zeremonie als Presbyter-Assistent auftretende Franz Schmidberger las ihn vor:
Ausklang der FeierDen Erinnerungen Schmidbergers zufolge soll Lefebvre nach der Zeremonie heiter und gelöst aufgetreten sein, wissend, dass sein Werk, die Priesterbruderschaft, und damit auch die Heilige Messe in ihrer überlieferten Form, weiterbestände.[18] Gültigkeit der WeihenInnerhalb der Römischen Kirche werden die Weihen weitgehend als offenkundig unerlaubt, gleichwohl aber gültig in dem Sinne angesehen, dass die Geweihten Träger der Apostolischen Sukzession sind und im Falle der Versöhnung mit dem Papst und der Römischen Kirche die sich aus der Weihe ergebenden bischöflichen Vollmachten ausüben können. Dem widerspricht die Stellungnahme Kardinal Müllers anlässlich der Aufhebung der Exkommunikation nicht, dass die Geweihten auch danach nur „als einfache Priester“ eingesetzt werden könnten, weil Müller einen Verzicht auf die Ausübung der Rechte forderte, nicht deren Vorhandensein bestritt. In einigen Gruppen des Sedisvakantismus werden die Weihen hingegen für ungültig gehalten, weil bereits Zweifel an der Gültigkeit der Weihen von Erzbischof Lefebvre geäußert werden, die darauf beruhen, dass Erzbischof Lienhardt, der Lefebvre zum Priester und zum Bischof weihte, Anhänger der Freimaurer gewesen sein soll, weswegen zweifelhaft sei, ob er die nötige Weiheintention, verstanden als den subjektiven Willen gültig einen Priester oder Bischof zu weihen, besessen habe. Reaktion RomsDie Kurie reagierte einerseits mit der strikten Anwendung der kirchenrechtlichen Bestimmungen, andererseits mit dem Versuch, Strukturen zu schaffen, durch die die Auswirkungen des Schismas begrenzt werden konnten. ExkommunikationEntsprechend den kirchenrechtlichen Bestimmungen stellte der Präfekt der Bischofskongregation, Kardinal Bernardin Gantin fest, dass die Weihespender sich ebenso wie die Geweihten die Tatstrafe der Exkommunikation zugezogen hatten. Das auf den 1. Juli 1988 datierte, von Kardinal Gantin unterzeichnete Dekret lautet wörtlich:
Durch diese Form der Feststellung kommt zugleich zum Ausdruck, dass die Exkommunikation keine von der Kirche verhängte Strafe, sondern, wie Johannes Paul II. aus Anlass seiner ersten Ansprache an die Sacra Romana Rota die durch die kirchliche Autorität vorgenommene „Feststellung einer Lage ist, in die der Betroffene sich selbst begeben hat.“[20] Zu den kirchenrechtlichen Konsequenzen der Exkommunikation Lefebvres führte der Kirchenrechtler Libero Gerosa aus:
– Libero Gerosa: Communio – Excommunicatio. Zur theologischen und rechtlichen Natur der Exkommunikation, in: Ahlers, Krämer (Hrsg.): Das Bleibende im Wandel, Paderborn 1990, S. 119. Ecclesia DeiAm 2. Juli 1988 erließ Papst Johannes Paul II. das Motu proprio Ecclesia Dei, mit dem die schismatische Natur der Bischofsweihen herausgestellt wurde.[21] Auf diesem Motto proprio beruht zugleich die Einsetzung der Kommission Ecclesia Dei, die für die Behandlung der Bruderschaft zuständig sein sollte. Präfekt der Kommission wurde Kardinal Augustin Mayer, Sekretär Camille Perl, der bereits an der Visitation der Piusbruderschaft durch Kardinal Gagnon mitgewirkt hatte. Reaktionen innerhalb der PriesterbruderschaftAuch intern stellten die Bischofsweihen eine Herausforderung für die Bruderschaft dar. Die Frage, ob gegebenenfalls auch ohne die Zustimmung Roms Bischöfe geweiht werden sollten, war im Vorfeld der Ereignisse natürlich Gegenstand von Erörterungen gewesen, bei denen einige Kritiker sich klar positioniert hatten. Als sich abzeichnete, dass auf eine Verständigung mit Rom nicht mehr zu hoffen war und Erzbischof Lefebvre selbständig handeln wollte, verließen etliche Mitglieder die Bruderschaft. Gründung der PetrusbruderschaftVor allem der Regens des Priesterseminars in Zaitzkofen, Pater Josef Meinrad Bisig, schied zusammen mit mehreren Seminaristen aus der Bruderschaft aus und gründete die Priesterbruderschaft St. Petrus. Zusammenhalt der Bruderschaft St. Pius X.Die Bruderschaft selbst versuchte, den internen Zusammenhalt zu festigen und die Lücken, die durch die Austritte entstanden waren, zu kompensieren. Beginnend am 15. August 1988 wurde täglich eine Messe an die Heilige Jungfrau zum Dank für die Bischofskonsekrationen aufgeopfert und am 25. September weihte der neue Bischof Tissier de Mallerais sieben Priester, davon sechs für die Bruderschaft.[22] Kirchenrechtliche RechtfertigungGegen die Argumentation, die Weihen seien unerlaubt und schismatisch gewesen, verwies die Bruderschaft auf can. 1323 und argumentiert bis heute, dass nach dieser Vorschrift straffrei bleibe, wer ein Gesetz in einer schweren Notlage übertrete. Tatsächlich enthält die in Anspruch genommene Vorschrift eine entsprechende Regelung:
– CIC, Can. 1323 Nr. 4 Die schwere Notlage soll darin bestanden haben, dass die Weihen angesichts des Alters von Erzbischof Lefebvre und die Ungewissheit über die Fortsetzung seines Werkes zur Rettung der Kirche geboten gewesen wären.[23] Außerhalb der Bruderschaft ist diese Argumentation nicht übernommen worden. Der Kirchenrechtler Ludger Müller gibt die „offizielle“ Auffassung folgendermaßen wieder:
– Ludger Müller: Der Fall Lefebvre. In: Ahlers, Krämer (Hrsg.): Das Bleibende im Wandel. Paderborn 1990, S. 31. Folgerichtig ist auch die Situation Lefebvres und seiner Anhänger für Ludger Müller klar:
– Ludger Müller: Der Fall Lefebvre. In: Ahlers, Krämer (Hrsg.): Das Bleibende im Wandel. Paderborn 1990, S. 31. Spätere EreignisseSchon die Einrichtung der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei zeigte, dass die Kurie den Dialog mit altrituellen Gemeinschaften nicht abbrechen lassen wollte. Auch mit der Piusbruderschaft selbst kam es, insbesondere nach dem Tode ihres Gründers, immer wieder zu Versuchen einer Annäherung. Während des Pontifikats von Johannes Paul II. wurde allerdings mehr die Gegensätzlichkeit der Positionen deutlich, als dass sich Möglichkeiten der Kompromissfindung abzeichneten. Am 31. März 2001 etwa erklärte Kardinal Louis-Marie Billé, ein Mitglied der Kommission Ecclesia Dei, in einem Interview mit der französischen Tageszeitung La Croix, die vollständige Anerkennung des Zweiten Vatikanischen Konzils sei eine Vorbedingung für die Aufnahme von Gesprächen.[24] Am gleichen Tag soll Bischof Fellay als Generaloberer der Piusbruderschaft zwei Forderungen als conditio sine qua non für die Aufnahme von Gesprächen gestellt haben: Die weltweite Gestattung der Zelebration nach dem vorkonziliaren Messritus und die Rücknahme der Exkommunikation.[25] VersöhnungsbemühungenKurz nach seiner Wahl zum Papst, im August 2005, empfing Benedikt XVI. den damaligen Generaloberen der Piusbruderschaft, Bischof Bernard Fellay, in Audienz. Bereits damals hat Fellay um die Aufhebung der Exkommunikation gebeten. Die Gespräche sollen allerdings an einer Indiskretion durch Bischof Richard Williamson gescheitert sein.[26] Im Dezember 2008 bat Fellay erneut um die Aufhebung der Exkommunikation und versicherte, die 1988 geweihten Bischöfe würden die katholische Lehre im kindlichen Geist annehmen und glaubten fest an den Primat Petri. Aufhebung der ExkommunikationIm Jahr 2009 hob Papst Benedikt XVI. die Exkommunikation der vier geweihten Bischöfe auf. Die beiden Weihespender waren zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben, ohne sich mit der Amtskirche versöhnt zu haben. Das auf den 21. Januar 2009 datierte und vom Präfekten der Kongregation für die Bischöfe, Kardinal Giovanni Battista Re unterzeichnete Dekret über die Aufhebung der Exkommunikation lautete wörtlich:
ReaktionenDie Reaktionen auf die Aufhebung der Exkommunikation waren vielfältig, wenn auch überwiegend nicht kirchenrechtliche Aspekte im Vordergrund standen. Öffentliche ReaktionenDie öffentlichen Reaktionen waren überwiegend von dem Skandal um Bischof Williamson geprägt. Williamson hatte in einem Interview für eine schwedische Fernsehsendung gegenüber dem Journalisten Ali Fegan der Meinung Ausdruck gegeben, dass es keine Gaskammern gegeben habe. Wegen dieser Holocaustleugnung ist Williamson später in Deutschland rechtskräftig verurteilt worden. Mit Blick hierauf sprach der Spiegel von einem Betriebsunfall im Vatikan und einem Desaster für den Heiligen Vater.[28] Positionen in der PiusbruderschaftVertreter der Piusbruderschaft sahen in den Protesten gegen Williamson eine Inszenierung im Kampf gegen die Kirche. Franz Schmidberger beklagt zwar die „unklugen Äußerungen“ Williamsons, konstatierte aber vor allem: „Den antichristlichen Kreisen in der Welt war der Stock geliefert worden, mit dem sie die Kirche prügelten. Die Hölle war entfesselt, wir alle hatten in diesen Tagen und Wochen viel zu leiden, am meisten der Papst selbst.“[29] Innerkirchliche StellungnahmenAuch innerhalb der katholischen Kirche wurde die Entscheidung diskutiert und auch hier schwang meist das Problem der Holocaustleugnung durch Bishof Williamson mit. StaatssekretariatBereits am 4. Februar 2009 kam es zu einer Erklärung aus dem Staatssekretariat „angesichts der Reaktionen auf das jüngste Dekret der Kongregation für die Bischöfe, mit dem die Exkommunikation von vier Bischöfen der Bruderschaft St. Pius X. aufgehoben wurde und im Hinblick auf die negationistischen oder verharmlosenden Erklärungen seitens des dieser Bruderschaft angehörenden Bischofs Williamson zur Shoa“.[30] In der Note wird ausgeführt, dass die vier Bischöfe zwar von einer schweren kanonischen Strafe befreit worden seien, sich aber die rechtliche Situation der Bruderschaft St. Pius X. aber nicht geändert habe. Diese genieße nach wie vor keine kanonische Anerkennung in der Kirche. Auch die Bischöfe übten kein rechtmäßiges Amt aus. Weiter wird ausgeführt, dass für eine künftige Anerkennung der Piusbruderschaft „unerlässliche Bedingung“ sei, dass diese das Zweite Vatikanische Konzil und das Lehramt der Päpste Johannes XXIII., Paul VI., Johannes Paul I., Johannes Paul II. sowie Benedikt XVI. anerkannten. Ein dritter Abschnitt der Note befasst sich konkret mit der Holocaustleugnung durch Bischof Williamson: „Die Ansichten von Bischof Williamson über die Shoah sind absolut inakzeptabel und werden vom Heiligen Vater entschieden zurückgewiesen, wie er selbst am vergangenen 28. Januar hervorgehoben hat, als er mit Bezug auf jenen grausamen Völkermord seine volle und unbestreitbare Solidarität mit unseren Brüdern, den Trägern des ersten Bundes, betonte und bekräftigte, die Erinnerung an diesen schrecklichen Völkermord müsse ‚die Menschheit dazu bewegen, über die unvorhersehbare Macht des Bösen nachzudenken, die das Herz des Menschen ergreifen kann.‘“[31] Um die Zulassung zu bischöflichen Funktionen in der Kirche zu erhalten, müsse sich Williamson unmissverständlich und öffentlich von diesen Aussagen distanzieren, die dem Papst zum Zeitpunkt der Aufhebung der Exkommunikation nicht bekannt gewesen seien. Gerhard MüllerDer damalige Regensburger Diözesanbischof und spätere Präfekt der Glaubenskongregation Gerhard Ludwig Müller nahm in einem am 6. Februar 2009 veröffentlichten Hirtenbrief zu der Entscheidung des Papstes Stellung:
Peter HünermannDer Theologe Peter Hünermann übte grundsätzlich von dem Skandal um Williamson unabhängige Kritik an der seines Erachtens missbräuchlichen und „letztlich nichtigen“ Entscheidung Benedikts XVI. Er verweist darauf, dass es keinen erkennbaren Akt der Reue gegeben habe und das Zweite Vatikanische Konzil nicht uneingeschränkt anerkannt werde. Ohne eine erkennbare Umkehr könne die Strafe der Exkommunikation aber nicht aufgehoben werden und im Übrigen könne auch ein Papst nicht von der Annahme der Lehre eines gültigen Konzils dispensieren.[33] Stephan HaeringDer Kirchenrechtler Stephan Haering, OSB, analysierte, dass die Erklärung der vier Bischöfe „nicht notwendig einen Sinneswandel“ zum Ausdruck brachte.[34] Auch nach der Aufhebung der Exkommunikation seien Äußerungen aus der Piusbruderschaft zu vernehmen gewesen, die gerade nicht von Reue über in der Vergangenheit begangene Fehler geprägt gewesen seien.[35] Es habe mithin kein Fall nach can. can. 1358 § 1 CIC vorgelegen, in welchem ein Anspruch auf Aufhebung der Beugestrafe nach Aufgabe der Widersetzlichkeit eingetreten sei, sondern, wie auch der Brief von Papst Benedikt XVI. an das Episkopat vom 10. März 2009 zeige, eine freie Begnadigung durch den Pontifex, der neue Brücken zu einer Gruppierung habe schlagen wollen, die nicht dauerhaft aus der vollen Gemeinschaft der Kirche fallen solle.[36] Daraus soll folgen, dass die Piusbruderschaft durch die Aufhebung der Exkommunikation gerade nicht zu einer Vereinigung innerhalb der katholischen Kirche geworden sei, wie sie es bis 1976 gewesen ist. Die Bischöfe und Priester der Bruderschaft blieben irregulär und suspendiert von ihren unrechtmäßig empfangenen Weihen.[37] Benedikt XVI.Angesichts des Ausmaßes der Diskussion sah sich der Papst veranlasst, am 10. März 2009 einen Brief an die Bischöfe der Katholischen Kirche zu schreiben. Er fühle sich „gedrängt, an Euch, liebe Mitbrüder, ein klärendes Wort zu richten, das helfen soll, die Absichten zu verstehen, die mich und ide zuständige Organe des Heiligen Stuhls bei diesem Schritt geleitet haben. Ich hoffe, auf diese Weise zum Frieden in der Kirche beizutragen.“[38] Nach dieser einleitenden Bemerkung drückt er sein Bedauern über die „Panne“ aus, dass die Aufhebung der Exkommunikation von dem „Fall Williamson“ „überlagert“ worden sei: „Der leise Gestus der Barmherzigkeit gegenüber vier gültig, aber nicht rechtmäßig geweihten Bischöfe erschien plötzlich als etwas ganz anderes: als Absage an die christlich-jüdische Versöhnung, als Rücknahme dessen, was das Konzil in dieser Sache zum Weg der Kirche erklärt hat.“[39] Weiter führt Benedikt XVI. weiter aus, er höre, dass ein aufmerksames Verfolgen der Nachrichten im Internet ermöglicht hätte rechtzeitig von dem Problem Kenntnis zu nehmen. Er lerne daraus, dass man beim Heiligen Stuhl auf diese Nachrichtenquelle künftig aufmerksamer achten müsse. Sodann beklagt er in einer seinerzeit häufiger zitierten Wendung, dass „auch Katholiken, die es eigentlich besser wissen konnten, mit sprungbereiter Feindseligkeit auf mich einschlagen zu müssen glaubten.“[40] Hieran anschließend bekundet er seine Dankbarkeit gegenüber den „jüdischen Freunden“, dass es gelungen sei, das Missverständnis aus der Welt zu schaffen. Hiernach wendet sich der Papst der Entscheidung selbst zu. Er legt dar, dass zwischen einer Maßnahme gegen Personen und einer solchen gegen Institutionen unterschieden werden müsse: „Die Personen wurden von der Gewissenslast der schwersten Kirchenstrafe befreit. Von dieser disziplinären Ebene ist der doktrinelle Bereich zu unterscheiden. … Solange die Bruderschaft keine kanonische Stellung in der Kirche hat, üben auch ihre Amtsträger keine rechtmäßigen Ämter in der Kirche aus.“[41] Um hierauf sinnvoll reagieren zu können, beabsichtige er, die Kommission Ecclesia Dei mit der Glaubenskongregation zu verbinden. „Damit soll deutlich werden, dass die jetzt zu behandelnden Probleme wesentlich doktrineller Natur sind, vor allem die Annahme des II. Vatikanischen Konzils und des nachkonziliaren Lehramts der Päpste betreffen. … Man kann die Lehrautorität der Kirche nicht im Jahr 1962 einfrieren – das muss der Bruderschaft ganz klar sein.“[42] Nach weiteren Ausführungen zu den Leitlinien seines Pontifikats spricht er sich dahingehend aus, dass der Kirche „eine Gemeinschaft in der es 491 Priester, 215 Seminaristen, 6 Seminare, 88 Schulen, 2 Universitäts-Institute, 117 Brüder und 164 Schwestern" gäbe, nicht gleichgültig sein könne. Sollen wir sie einfach als Vertreter einer radikalen Randgruppe aus der Suche nach Versöhnung und Einheit ausschließen? Was wird dann werden?“[43] Zum Abschluss führt Benedikt XVI. eine Stelle aus dem Galaterbrief des Apostels Paulus an. „Nehmt die Freiheit nicht zum Vorwand für das Fleisch, sondern dient einander in Liebe! Das ganze GEsetz wird in dem einen Wort zusammengefasst: Du sollst Deinen Nächsten lieben wie dich selbst! Wenn ihr einander beißt und zerreißt, dann gebt acht, dass ihr euch nicht gegenseitig umbringt.“ Dieses Wort führt Benedikt XVI. zu einem persönlichen Abschluss: „So möchte ich am Schluss all den vielen Bischöfen von Herzen danken, die mir in dieser Zeit bewegende Zeichen des Vertrauens und der Zuneigung vor allem aber ihr Gebet geschenkt haben. Dieser Dank gilt auch all den Gläubigen, die mir in dieser Zeit ihre unveränderte Treue zum Nachfolger des Heiligen Petrus bezeugt haben. Der Herr behüte uns alle und führe uns auf den Weg des Friedens. Das ist ein Wunsch, der spontan in meinem Herzen aufsteigt.“[44] Nach der AufhebungIn der Folgezeit wurde mehrfach über eine Einigung der Bruderschaft mit der Kurie spekuliert, ohne dass diese letztlich zustande kam (Stand Juni 2024). WeihejubiläenIm Juni 2013 feierten die drei in der Priesterbruderschaft verbliebenen Bischöfe den 25. Jahrestag ihrer Bischofsweihe.[45] Aus diesem Anlass gab sie einen Sonderdruck (Nr. 25) ihres Mitteilungsblattes unter der Überschrift 25 Jahre Bischofsweihen. Damit die Kirche fortbestehe heraus. 2018 veröffentlichte die Piusbruderschaft zum dreißigjährigen Weihejubiläum eine umfangreiche Darstellung auf ihrer Internetseite. PerspektiveNach dem Ausschluss von Richard Williamson aus der Bruderschaft im Jahr 2012 und dem Tod von Bischof Tissier de Mallerais im Jahr 2024 sind noch zwei der Auxiliarbischöfe aktiv; der jüngste unter ihnen ist Bernard Fellay (Jahrgang 1958). Noch ist also die Frage, wann sich aus Sicht der Bruderschaft erneut ein „Notstand“ ergibt, der zur Weihe von Bischöfen auch ohne Genehmigung aus Rom zwingen soll, spekulativ. Im Juni 2024 soll der französische Distriktsobere von der Notwendigkeit der Weihe jüngerer Bischöfe gesprochen haben.[46] Zudem wird in traditionalistischen Kreisen gemutmaßt, es gebe Gespräche zwischen Papst Franziskus und dem amtierenden Generaloberen der Piusbruderschaft über neue Bischofsweihen, die Rom „tolerieren“, also nicht mit der Exkommunikation von Weihespendern und -empfängern beantworten könnte. So oder so wird sich die Frage, wenn es zu keiner Aussöhnung kommt, mit höherem Lebensalter der 1988 geweihten Bischöfe irgendwann stellen. Literatur
WeblinksEinzelnachweise
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