Bettina Wegner wurde 1947 im West-Berliner Ortsteil Lichterfelde geboren.[2] Nach der Gründung der DDR übersiedelten Wegners Eltern – überzeugte Kommunisten – mit ihr nach Ost-Berlin. Ihr Vater Karl-Heinz Wegner (1915–2009), der spätere Chefredakteur der Zeitschrift Freie Welt,[4][5][6] arbeitete bereits in Ost-Berlin und konnte sich die Miete im Westteil nicht leisten.[7] Wegner erlernte den Beruf einer Bibliotheksfacharbeiterin und begann 1966 ein Studium an der Schauspielschule Berlin. 1966 war sie Mitgründerin des Hootenanny-Klubs. Da das ursprüngliche Prinzip, jeder könne unzensiert auf der Bühne seine Texte und Lieder bringen, aufgegeben wurde, verließ sie die Gruppe jedoch, als der Hootenanny-Klub in Oktoberklub umbenannt und der FDJ unterstellt wurde.
Eigene Veranstaltungsreihen (Eintopp, Kramladen) gemeinsam mit Klaus Schlesinger, mit dem Bettina Wegner von 1970 bis 1982 verheiratet war, wurden von staatlichen Stellen verboten. Nach öffentlichem Protest gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns 1976 wurden ihre Auftrittsmöglichkeiten immer weiter beschnitten; sie wurde bespitzelt und unter Druck gesetzt. Ihre damalige Managerin Katharina Harich, die gleichzeitig Managerin der humoristischen Songgruppe MTS war, ermöglichte ihr in dieser Zeit noch Auftritte als Geheimtipp, denn auf den Plakaten stand nun: „MTS und Sängerin“. Ebenso half Werner Sellhorn, mit dem sie ein „unverfänglich“ klingendes Programm hatte: „Kurt Tucholsky und Songs von heute“. Die Konzerte waren trotzdem überfüllt, denn Mundpropaganda war in der DDR sehr wirkungsvoll, wenn es um verbotene Literatur oder Musik ging. Auch in einigen Kirchen konnte sie noch Konzerte geben, zum Beispiel in der für oppositionelle Veranstaltungen bekannten Samariterkirche in Ost-Berlin.
Als sie durch eine Kennzeichen-D-Sendung von Dirk Sager 1978 auch im Westen schlagartig bekannt wurde, ergab sich für sie die Möglichkeit, bei CBS ihre erste Langspielplatte im Westen zu veröffentlichen. Es handelte sich um den Mitschnitt eines Konzertes im Künstlerhaus Bethanien. Auf ihrer ersten Studio-LP bei CBS wurde sie von Musikern der Rockband Nervous Germans begleitet. So ergaben sich Möglichkeiten, an die in der DDR nicht zu denken waren. Sie konnte ihr Berufsverbot in der DDR nun mit Auftritten in der Bundesrepublik Deutschland, Österreich, Belgien und der Schweiz kompensieren, da sie als „Devisenbringerin“ in den Westen reisen durfte. Das war jedoch eine übliche Methode der DDR-Regierung, bekannte, aber unliebsame Künstler loszuwerden: Nach Einleitung eines Ermittlungsverfahrens „wegen Verdachts auf Zoll- und Devisenvergehen“ sah sich Bettina Wegner 1983 als DDR-Bürgerin vor die Wahl gestellt, ins Gefängnis zu gehen oder ausgebürgert zu werden. Daraufhin verließ sie die DDR in Richtung West-Berlin. Dieser Verlust der Heimat und der kommunistischen Ideale wurden zu den wichtigsten Themen ihrer Lieder in den 1980er Jahren.
1988 führte Bettina Wegner eine neun Monate lange Beziehung mit Oskar Lafontaine, der damals Ministerpräsident des Saarlandes war.[12]
Als Liedermacherin trat sie unter anderem gemeinsam mit Joan Baez, Konstantin Wecker und Angelo Branduardi auf. Neue musikalische Impulse durch Wecker entwickelte der Münchner Konzertgitarrist Peter Meier von 1985 bis 1992 mit Bettina Wegner als solistischer Begleiter und Arrangeur weiter. Auch komponierte er die Musik zu einigen ihrer Texte wie Das Lied vom Messer, Waffenlos, Der Prinz ist gegangen und Sie hat’s gewußt. Ab 1992 gab sie weiter regelmäßig erfolgreiche Konzerte mit ihrem neuen Begleit-Trio von L’art de Passage und vor allem zusammen mit Karsten Troyke. 1996 bekam Bettina Wegner in Meiningen für ihr Programm „Sie hat’s gewusst“ als erste Preisträgerin den Thüringer Kleinkunstpreis verliehen. Sie veröffentlichte mehrere CDs, verschwand aber langsam aus den Medien wie Fernsehen und Hörfunk.
Nach über 30 Jahren Tourneen und Plattenveröffentlichungen verabschiedete sich Bettina Wegner 2007 mit einer Abschiedstournee vorläufig von ihrem Publikum. Anlass dafür waren gesundheitliche Gründe, aber nicht nur diese: „Es wird gefeilscht wie um eine alternde Hure. Natürlich habe ich meinen Preis […] Es muss ein Ende haben, Sängerin ist dann nicht mehr mein Beruf, auch wenn ich weiter singe – Benefiz oder besondere Anlässe zum Beispiel […]“[13]
Bettina Wegner hat drei Kinder. Sie lebt seit 1983 in Berlin-Frohnau.[14]
Auszeichnungen
Ehrenantenne (Liedermacherpreis des Belgischen Rundfunks)
1987: Ich will nicht / Für meine verlassenen Freunde
LPs
1976: Mitwirkung an der Amiga-Langspielplatte Lied aus dem neuen Tag (mit den Titeln Wenn meine Lieder nicht mehr stimmen und Ach, wenn ich doch als Mann auf diese Welt gekommen wär’)
1979: Sind so kleine Hände (CBS, Verkäufe: + 250.000, DE: Gold)[17]
1980: Wenn meine Lieder nicht mehr stimmen
1981: Traurig bin ich sowieso
1983: Weine nicht, aber schrei (mit Konstantin Wecker)
1985: Heimweh nach Heimat (mit Konstantin Wecker)
1987: Von Deutschland nach Deutschland (auch als CD)
2003: Mein Bruder … Jüdische Lieder (mit Karsten Troyke)
2004: Liebeslieder (Doppel-CD)
2007: Die Abschiedstournee (mit Karsten Troyke, Doppel-CD)
2017: Was ich zu sagen hatte – 120 Lieder aus 50 Jahren (5 CDs)
MP3-Streaming
2018: Tanz mich bis zur Liebe Schluss
Bücher
Gebote. Lieder und Gedichte aus 40 Jahren. Buch zum Film BETTINA. Salzgeber Buchverlage, 2022, ISBN 978-3-95985-661-4.
Wenn meine Lieder nicht mehr stimmen. Mit einem Vorwort von Sarah Kirsch. Rowohlt Taschenbuch 4399, Reinbek bei Hamburg 1979, ISBN 3-499-14399-2.
Traurig bin ich sowieso. Lieder und Gedichte. Rowohlt Taschenbuch 5004, Reinbek bei Hamburg 1982, ISBN 3-499-15004-2.
Weine nicht, aber schrei. Lieder und Gedichte (zusammen mit Claudia Hennes). Büchergilde Gutenberg, Frankfurt am Main 1982, ISBN 3-7632-2736-9.
Als ich grade zwanzig war. Lieder und Gedichte aus Ost und West in Nachdichtungen. Rowohlt Taschenbuch 5699, Reinbek bei Hamburg 1986, ISBN 3-499-15699-7.
Von Deutschland nach Deutschland ein Katzensprung. Lieder und Gedichte. Rowohlt Taschenbuch 5906, Reinbek bei Hamburg 1986, ISBN 3-499-15906-6.
Es ist so wenig. Lieder, Texte, Noten (mit Peter Meier und Rainer Lindner). Selbstverlag Lindner, Gemünden 1991, ISBN 3-9800398-3-8.
In Niemandshaus hab ich ein Zimmer. Lieder und Gedichte. Aufbau Taschenbuch 1247, Berlin 1997, ISBN 3-7466-1247-0.
↑Joachim Walther: Sicherungsbereich Literatur: Schriftsteller und Staatssicherheit in der Deutschen Demokratischen Republik. 2. Auflage. Links-Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-86153-121-6, S. 371 (= Analysen und Dokumente des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der Ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, Band 6); books.google.de