In der Mathematik versteht man unter der bernoullischen Ungleichung eine einfache, aber wichtige Ungleichung, mit der sich eine Potenzfunktion nach unten abschätzen lässt.
Jakob Bernoulli veröffentlichte diese Ungleichung zuerst in seiner Arbeit Positiones Arithmeticae de Seriebus Infinitis (Basel, 1689), in der er diese Ungleichung häufig anwandte.[4]
Laut Joseph E. Hofmann geht die Ungleichung aber auf den Mathematiker Sluse zurück, der sie 1668 in seiner Arbeit Mesolabum veröffentlicht haben soll.[5][4]
Beweis
Beweis über vollständige Induktion
Die bernoullische Ungleichung lässt sich mit vollständiger Induktion beweisen.[6] Der Induktionsanfang ist erfüllt:
Der Beweis lässt sich ebenfalls mit Induktion nach dem gleichen Muster wie der Beweis für die Formulierung mit „größer gleich“ durchführen.[3]
Reelle Exponenten
Für reelleExponenten lassen sich folgende Verallgemeinerungen durch Vergleich der Ableitungen zeigen: Für alle gilt
,
wenn , und
,
wenn .
Variable Faktoren
Betrachtet man keine Potenz, sondern ein Produkt unterschiedlicher Faktoren, so lässt sich folgende Verallgemeinerung mittels vollständiger Induktion zeigen:
Setzt man dabei und betrachtet den Spezialfall , also , so erhält man die sogenannte Weierstraß-Produkt-Ungleichung[7][8]
Anwendungen
Exponentialfunktion
Die bernoullische Ungleichung ist bei vielen Abschätzungen hilfreich. Es sei fix, dann ist für hinreichend großes .
Mit der bernoullischen Ungleichung gilt daher
für hinreichend großes .
Wegen
ist somit die Ungleichung
für alle
bewiesen.
Beweis von Ungleichungen mit Potenzen
Um die Konvergenz für reelle Zahlen mit zu beweisen, muss unter anderem ein gefunden werden, so dass für ein beliebig vorgegebenes ist. Hierfür kann die Bernoulli-Ungleichung verwendet werden. Zunächst formt man die Zielungleichung durch Äquivalenzumformungen um:
Wegen ist . Setzen wir so ist und außerdem nach der Bernoulli-Ungleichung
Alternativ kann also auch ein gefunden werden, so dass ist. Ist nämlich dann folgt aus obiger Ungleichung , dass automatisch auch ist. Die Existenz von ist durch das archimedische Axiom gewährleistet.
Der Vorteil der obigen Vorgehensweise ist der, dass hier im Beweis nicht auf den Logarithmus zurückgegriffen werden muss, welcher am Anfang einer Analysis-Vorlesung in der Regel noch nicht zur Verfügung steht.
Ungleichung vom arithmetischen und geometrischen Mittel
Yuan-Chuan Li, Cheh-Chih Yeh: Some Equivalent Forms of Bernoulli’s Inequality: A Survey. In: Applied Mathematics. 04, 2013, S. 1070, doi:10.4236/am.2013.47146
Quellen und Bemerkungen
↑In der Tat gilt die Ungleichung sogar für und ungerade , allerdings lässt sich dies nicht mehr so direkt mit vollständiger Induktion, sondern z. B. durch Vergleich der Ableitungen zeigen. Dazu zeigt man, dass für negative Ableitung und damit keine Extrema hat, während der Wert für und positiv ist. In diesem Fall hat ein lokales Maximum in . Für gerades gilt die Ungleichung sogar für alle reellen , da hier für die linke Seite der Ungleichung stets positiv bleibt, während die rechte sicher negativ ist.
↑Yuan-Chuan Li, Cheh-Chih Yeh: Some Equivalent Forms of Bernoulli’s Inequality: A Survey. In: Applied Mathematics. 04, 2013, S. 1070, doi:10.4236/am.2013.47146.