Eines ihrer frühen Projekte, das sie …waltigt…wald nannte, befasste sich 1999/2000 mit der Thematik von Kindern als Opfer (Kindesmissbrauch) und Täter (Amoklauf). Amerikanische Täterbiografien inspirierten Caveng wenig später für ihre Installation finalmeals, die Henkersmahlzeit-Wünsche von verurteilten Todeskandidaten visualisierte und erstmals 2000 im Postfuhramt Berlin-Mitte ausgestellt wurde. Das von ihr inszenierte „stille Requiem“ versteht sie nicht „als politisches Statement gegen die Todesstrafe“.[7]
Arbeitsstipendien und Projekte führten sie in den letzten Jahren unter anderem nach Moskau, Lampedusa, Norwegen, Südkorea und Syrien.[2] In der vom Bürgerkrieg gezeichneten syrischen Hauptstadt Damaskus trug sie 2011 auf langen Tagesmärschen insgesamt 250 Kilo Staub von verschiedenen Orten zusammen. Diese wurden im aufgrund der politischen Situation nicht öffentlichen Ausstellungsraum der syrischen Initiative All Art Now verstreut. Aus den größeren aufgekehrten Bruchstücken legte sie den Schriftzug „Djannat al-Ard“ (dt. „Paradies auf Erden“).[8] Unter dem Eindruck ihrer syrischen Erlebnisse schuf die Künstlerin 2012/2013 ein Replikat einer Kalaschnikow aus Menschenknochen.[9]
Caveng bewarb sich in einem Wettbewerb erfolgreich für das Residenzstipendium Kunst fürs Dorf – Dörfer für Kunst und zog 2013 – wie es die Ausschreibung verlangte, ohne vorgefertigtes Konzept[10] – für sechs Monate in das Dorf Blankensee-Pampow an der deutsch-polnischen Grenze.[11] Vor Ort entstand zusammen mit den Dorfbewohnern ein Projekt, das mit Mi kricht hier keener mehr wech umschrieben und vom Fernsehsender Arte begleitet wurde.[2] Im Rahmen des Projektes entstand auf der geografischen Mitte der drei Kilometer voneinander entfernten, auch neun Jahre nach der Fusion noch immer „fremdelnden“ Gemeindeteile ein Treffpunkt, die „Kunstgemeinde Pampsee“,[12] in der sich beispielsweise eine Sonnenschirm-Nähgruppe bildete.[13]
2015 gründete sie die Initiative „Kunstasyl'“, in der Künstler, Kreative und Asylsuchende zusammenarbeiten. Mit ihrem Team verlegte sie für ein Jahr ihren Lebensmittelpunkt in eine Berliner Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber.[2] Im Zentrum stand für Caveng die Frage, wie Ansässige und Neuzugewanderte gemeinsam eine Gesellschaft bilden können. Das aus Menschen aus 17 Nationen bestehende Kollektiv im Spandauer Heim entwickelte während vier Monaten in einem offenen Prozess im Museum Europäischer Kulturen in Berlin eine Ausstellung auf 600 Quadratmetern. „Teile von ausgemusterten Bettgestellen aus Not- und Gemeinschaftsunterkünften wurden zu Konstruktionselementen für Installationen, die Schrecknisse von Krieg und Flucht wurden mit Rötel und Graphit den Museumswänden eingeschrieben“, erklärte sie im Gespräch mit der Saarbrücker Zeitung, so „entstand eine begehbare Landschaft als Ausdruck gegenwärtiger Erinnerungen“.[2] Die am 4. März 2016 eröffnete daHEIM: Einsichten in flüchtige Leben betitelte Präsentation, mit dem Hauptmotiv „Die Welle“, war keine Ausstellung im herkömmlichen Sinne, denn sie reflektierte auch sprachkritisch die komplexe Migrationsdebatte.[14] Sie war bis Juli 2017 zu sehen und wurde ein großer Erfolg mit internationaler Resonanz.[2]
In ihrem Berliner Wohnbezirk Neukölln etablierte Caveng als Reminiszenz an die Kunstgemeinde Pampsee in der Ausstellung Heimisch eine Sammelstelle für alte Stoffe, in der während der Ausstellungsdauer immer mittwochs zum Nähen von „Neuköllner Sonnenschirmen“ eingeladen wurde.[10] Für besondere Aufmerksamkeit sorgte ihr 2010 geschaffenes Neuköllner Sozialparkett, mit welchem sie ihre Trilogie der sozialen Bodenbeläge auf dem Gutshof Britz abschloss. Die begehbare Bodeninstallation, von Michaela Nolte als „Symphonie der Hölzer“[15] bezeichnet, befindet sich seit 2012 in der Sammlung der Berlinischen Galerie. Nicht zuletzt wegen dieser Arbeit gehörte sie im Januar 2018 zum von einer Jury gebildeten engeren Kreis der Kandidaten für den Neuköllner Kunstpreis. Alle Nominierten stellten für zwei Monate in der Galerie im Saalbau aus.[16] Anfang der 2000er Jahre hatte sie einige Kunstpreise erhalten, der verschiedene Stipendien folgten, so unter anderem das renommierte Arbeitsstipendium der Stiftung Kunstfonds.
Ausstellungen (Auswahl)
Einzelausstellungen
1998: Kein schöner Land, Ministerium für Wirtschaft und Finanzen, Saarbrücken; Gießerei – Sprachraum und Galerie/Edition Lutz Fiebig, Berlin
↑Barbara Caveng. In: kunstgemeinde-pampsee.net. Barbara Caveng, abgerufen am 25. Januar 2018.
↑ abcdefgÜber die Respecta ist sie lange hinaus. Barbara Caveng hat früher in Saarbrücken einige spektakuläre Kunstprojekte gemacht. Heute lebt sie in Berlin. Wir haben sie getroffen. In: saarbrücker-zeitung.de. 16. August 2017, abgerufen am 25. Januar 2018.
↑Till Rimmele: Asylsuchende in Berlin. Im „Kunstasyl“ machen die Bewohner mit. In: Der Tagesspiegel. 23. Juli 2015, Berlin (tagesspiegel.de [abgerufen am 25. Januar 2018]).
↑Udo Badelt: Alles muss man selber machen. Wohnen im Müll: Wie die Künstlerin Designermöbel aus Abfall baut und der Verwahrlosung begegnet. In: Der Tagesspiegel. Nr.18.814, 24. April 2005, Berlin Kultur, S.27.
↑Inge Herold: Barbara Caveng. Finalmeals. In: Rolf Lauter (Hrsg.): H.W. & J. Hector Kunstpreis der Kunsthalle Mannheim 2003. Kunstpreis für dreidimensionale Gestaltungen. Martin Brüger, Barbara Caveng, Hee-Seon Kim, Thomas Lüer, Holger Mader, Alexander Stublić, Heike Wiermann, Anja Vormann, Gunnar Friel. H.W. & J. Hector Stiftung, Kunsthalle Mannheim, Mannheim 2004, ISBN 3-89165-137-6, S.26–36.
↑Barbara Caveng: Der Staub von Damaskus. In: tagesspiegel.de. 5. Juni 2011, abgerufen am 25. Januar 2018.
↑Barbara Caveng, Elisabeth Tietmeyer: daHEIM: Einsichten in flüchtige Leben. Museum Europäische Kulturen. In: Museumsjournal. Berichte aus den Museen, Schlössern und Sammlungen in Berlin und Potsdam. Zugleich Berliner Museen, 6. Folge. Heft 4/2016, Oktober–Dezember, Oktober 2016, ISSN0933-0593, Ausstellungen, S.70f.