Während des Kroatien- und Bosnienkriegs (1991–1995) war Pajčin der bekannteste Sänger von neu komponierten Kriegsliedern in der ehemaligen Republik Serbische Krajina und der bosnischen Entität Republika Srpska[1]. Seine Lieder drücken offen seine Sympathien für die Kommandeure serbischer paramilitärischer Einheiten und seine nationalistische und fremdenfeindliche Einstellung gegenüber Kroaten und Bosniaken aus.[2] Diese Kriegslieder machten Pajčin bekannt und sind ein typisches Beispiel für die spontane Welle der militanten Popmusik zu dieser Zeit[3]. Er schuf während der Kriegszeit eine neue musikalische Hauptströmung und eine neue Musikkultur, die er repräsentierte und die ihn über Nacht zum Star machte.[4]
Sein erster Erfolg war 1992 das Lied Vrati se Vojvodo (Komm zurück, Woiwode), in dem er sich an den serbischen Tschetnik-Führer und Kriegsverbrecher Momčilo Đujić (1907–1999) wendet und ihn bittet, in die Krajina zurückkehren. Auf dem Titelbild seines Albums Pobijediće istina (Es wird die Wahrheit gewinnen) aus dem Jahr 1994 posiert Pajčin mit Šajkača, einer Steinschlosspistole und in einem T-Shirt, welches das Abzeichen von Đujićs Dinarischer Tschetnik-Division trägt.[10] Pajčins Musik diente als omnipräsente akustische Untermalung, also ‚emotionaler Teppich‘ der nationalen Euphorie und wurde mit religiösen und nationalistischen Symbolen der Tschetnik-Bewegung auf politischen Kundgebungen verkauft.[4]
Serbische Militärführer schrieben Pajčins Liedern einen hohen Stellenwert zu.[11] Der Schriftsteller Dragoslav Bokan (* 1961) behauptete, dass die Effektivität der serbischen Kriegsführung vielleicht 30 Prozent niedriger gewesen wäre ohne Pajčins Album Stante paše i ustaše (Stoppt die Paschas [= Bosniaken] und Ustaschas [= Kroaten]) aus dem Jahr 1992[12].
Der Serbischen Radikalen Partei (SRS), die einer extrem-nationalistischeIdeologie folgt und für die Schaffung eines Großserbien eintritt, widmete er 1998 das Album Srpskim Radikalima (Serbische Radikale), unter anderem mit einer Parteihymne (Himna Srpskim Radikalima). Pajčin sang mehrfach kostenlos für die SRS und steht ihr politisch weiterhin nahe. Auf der Belgrader Buchmesse im Oktober 2018 war Pajčin Gast am Stand des kontroversen SRS-Parteiführers Vojislav Šešelj und ließ sich dessen Buch Srpski narod mora da oslobodi Kosovo i Metohiju (Das serbische Volk muss Kosovo und Metochien befreien) widmen[13].
Textproben
Pajčins nationalistische, rechtsextreme und großserbische Gesinnung[2] zeigt sich häufig in den politischen Texten seiner Lieder.
Im Refrain seines Liedes Ne volim te Alija (Ich mag dich nicht Alija) aus dem Jahr 1993, welches sich gegen den ehemaligen Präsidenten von Bosnien und HerzegowinaAlija Izetbegović (1925–2003) richtet, heißt es:
„Ne volim te Alija, zato što si balija. Srušio si miran san, nosila ti Drina sto mudžahedina, svaki dan![14]”
„Ich mag dich nicht Alija, denn du bist ein Balija. Du hast einen friedlichen Traum zerstört. Möge die Drina Hunderte deiner Mudschahedin mit sich nehmen, jeden Tag!“
Das Ziel des serbischen Kampfes sieht Pajčin in der Verteidigung der Orthodoxie[15] („als einzig wahrem Glauben“[16]) und verknüpfte in seinen Liedtexten das religiöse Bekenntnis mit nationaler Identität:
„Mi imamo srce lavlje, mi branimo pravoslavlje. […] U Kraijini pravoslavne sveće, niko nikad ugasiti neće.“
„Wir haben ein Löwenherz, wir verteidigen die Orthodoxie. […] In der Krajina wird die orthodoxen Kerzen niemand jemals löschen.“
– Galijaš 2011, S. 287 (siehe Literatur)
Sowie im Lied Živeće ovaj narod (Dieses Volk wird leben) aus dem Jahr 1993:
„Živeće ovaj narod i posle ustaša, jer i Bog je Srbin, nebesa su naša.“
„Dieses Volk wird auch nach der Ustascha leben, denn Gott ist ein Serbe, der Himmel gehört uns.“
– Galijaš 2011, S. 287 (siehe Literatur)
In dem Lied Moj je tata zlocinac iz rata (Mein Vater ist ein Kriegsverbrecher) aus dem Jahr 1994 verherrlicht Pajčin serbische Kriegsverbrecher mit den Worten:
„Moj je tata, zločinac iz rata. Vi se potrudite, a ga osudite. Nema niko muda,
da vodi ga do suda.[17][18]“
„Mein Vater ist ein Kriegsverbrecher. Gebt euch Mühe, ihn zu verurteilen. Niemand hat die Eier, ihn vor Gericht zu bringen.“
„Srpske trube mrze saksofone, srpsko nebo NATO-avione. Olbrajtova, mani se Kosova, to je sveta zemlja Srbinova. Ako NATO s' pešadijom kreće, sa Kosova, vratiti se neće[21].“
„Die serbischen Trompeten hassen Saxophone; der serbische Himmel die NATO-Flugzeuge. Albright meide den Kosovo, das ist heiliger Boden der Serben. Wenn die NATO-Soldaten trotzdem einmarschieren, werden sie niemals zurückkehren.“
Diskografie
Alben
Solo
1991: Ne dam Krajine (Ich geb’ die Krajina nicht her)
1992: Stan'te paše i ustaše (Stoppt die Paschas und Ustaschas)
1993: Živeće ovaj narod (Dieses Volk lebt)
1993: Sve za Srpstvo, srpstvo nizašta (Alles für das Serbentum, das Serbentum für nichts)
1994: Još se ništa ne zna (Noch weiß man nichts)
1994: Rat i mir (Krieg und Frieden)
1994: Kockar bez sreće (Spieler ohne Glück)
1994: Pobijediće istina (Es wird die Wahrheit gewinnen)
1995: Igraju se delije (Die Helden spielen)
1995: Idemo dalje (Lass uns weitergehen)
1995: Zbogom oružje (Lebt wohl, Waffen)
1995: Seobe (Migrationen)
1997: Ne dirajte njega (Fasst ihn nicht an)
1998: Povratak u budućnost (Zurück in die Zukunft)
1998: Srpskim radikalima (Serbische Radikale)
1999: Biti il ne biti
1999: Život je tamo
2000: Zaljubljen i mlad
2001: Đe si legendo
2002: Zbogom pameti
2003: Uživo
2003: Luda Žurka - uživo
2006: Gara Iz Njemačke
2006: Za Kim Zvone Zvona
2007: Gluvi Barut
2011: Idemo malena
2012: Lesi Se Vraća Kući
Mit der Gruppe Braća sa Dinare
1994: Goki i Baja bend
1995: Bila jednom jedna zemlja
1996: Plači voljena zemljo
1997: Ja se svoga, ne odričem do groba
1998: Idemo do kraja
Sonstiges
Seine Cousine Ksenija Pajčin (1977–2010) war eine serbische Sängerin, Tänzerin und ein Model.
Literatur
Srđan Atanasovski: Recycled Music for Banal Nation: The Case of Serbia 1999–2010. In: Ewa Mazierska, Georgina Gregory (Hrsg.): Relocating Popular Music: Pop Music, Culture and Identity. Palgrave Macmillan, 2016, ISBN 978-1-137-46338-8, S.90: „Certain musicians associated with this genre (such as Mirko Pajčin, known as ′Baja Mali Knindža′) openly engaged in the conflict, advocating the serbian cause through blatant nationalistic lyrics. Pajčin openly sympathised with Serbian paramilitary commanders in the wars in Croatia and Bosnia, expressing his nationalist and xenophobic attitudes towards Croats and Bosniaks. Moreover he supported the far-right Serbian Radical Party, whose political programme based on the irredentist project of so-called ′Greater Serbia′, glorified its controversial leader Vojislav Šešelj. Although Pajčin‘s stereotypically folkloric music style may seem prosaic, the appeal of his songs is mostely produced by poignant verses which speak of Serbian racial supremacy and historical victimhood […], often directly insulting or threatening members of other national communities“
Armina Galijaš: Musik als Spiegel politischer Einstellung: Turbo-Folk vs. Rock. In: Institut für Osteuropäische Geschichte (Hrsg.): Das politische Lied in Ost- und Südosteuropa (= Europa Orientalis). Band11. LIT Verlag Münster, 2011, ISBN 978-3-643-50255-1, S.278, 284ff. „Während des Krieges in Bosnien-Herzegowina und Kroatien in den Neunzigerjahren trennte der Turbo-Folk Sänger Baja Mali Knindža, dem neu postulierten Wertesystem entsprechend, die von Bijelo dugme vereinten Lebenswelten wieder voneinander. In seinem populären serbischen Hit, verfasst im nunmehr modernen Folk-Stil, sang er das Lied Kad sam bio mali (Als ich klein war). Hiermit spaltete er die Serben und Kroaten, behauptend, dass die Kroaten immer die kroatische Hymne Lijepa naša, die Serben jedoch ausschließlich die serbische Hymne Bože pravde (Gott der Gerechtigkeit) gesungen hätten und einander nie mochten. […] Der erwähnte Baja Mali Knindža schuf im Verlauf des Krieges eine neue Hauptströmung und zugleich repräsentierte zugleich eine neue musikalische Kultur. Mit seinen nationalistischen Liedern erlangte er über Nacht Star-Status. Aus der kroatischen Krajina stammend, inszenierte sich der serbische Sänger Mirko Pajčin unter diesem Künstler-Namen als Kämpfer für das Serbentum. […] Bajas Aufnahmen wurden zusammen mit religiösen und nationalistischen Symbole, Kreuzen und Abzeichen der Četnik-Bewegung auf politischen Kundgebungen verkauft. […] Vor allem die nationalistischen Lieder fungierten aber als omnipräsente akustische Untermalung „und dienten gewissermaßen als ‚emotionaler Teppich‘ der nationalen Euphorie.“ Diese Musik dominierte zunehmend in den Medien und konnte breite Teile der Bevölkerung leicht für politische Bekenntnisse mobilisieren. [usw.]“
↑Ivo Žanić: Flag on the Mountain: A Political Anthropology of the War in Croatia and Bosnia-Herzegovina 1990–1995. London 2007, ISBN 978-0-86356-815-2, S.295: „Mirko Pajčin, alias Baja Mali Knindža of Knin, who was the most popular performer of what were known as newly composed war songs in the RSK and RS in the 1991–5 period.“
↑Rajko Muršić: Yugoslav and Post-Yugoslav Encounters with Popular Music and Human Rights. In: Ian Peddie (Hrsg.): Popular Music and Human Rights (= Ashgate popular and folk music series). Band1. Ashgate Publishing, 2011, ISBN 978-1-4094-3758-1, S.101: „and the Serbian neo-folk singer from Croatia Baja Mali Knindža (Mirko Pajčin) are typically examples of the spontaneous wave of militant popular music that flourished at that time.“
↑Galijaš 2011, S. 284: „Selbst militärische Führer schrieben ihr einen derart hohen Stellenwert zu […]“ u. S. 285: „[…] Hass zu vertiefen. Die Lieder von Baja Mali Knindža leisteten dazu einen wesentlichen Beitrag“ (siehe Literatur)
↑Vera Stojarová: The far right in the Balkans. Oxford University Press, 2016, ISBN 978-1-5261-1202-6: „the media and various cultural figures ([…] Baja Mali Knindža) remain very nationalist“
↑Jim Samson: Music in the Balkans (= Balkan Studies Library). BRILL, 2013, ISBN 978-90-04-25038-3, Chapter Nineteen: Birthright of the People: Orchestras: Classicising Traditional Music, S.511: „the nationalist turbo-folk singer Baja Mali Knindža“
↑Nora Bader: Gemeinderat erteilt serbischem Sänger Konzertverbot – seine Lieder sind ein Sicherheitsrisiko. In: Aargauer Zeitung. 29. Juli 2016 (aargauerzeitung.ch): „Bei der Aargauer Kantonspolizei sieht man der Thematik aber nicht so gelassen entgegen. «Aus Sicherheitsgründen haben wir der Gemeinde Aarburg empfohlen, das Konzert nicht zu bewilligen», bestätigt Sprecher Bernhard Graser. Die öffentliche Ruhe und Sicherheit sei mit der Durchführung des Anlasses vom 10. September nicht gewährleistet. Mehr könne er dazu nicht sagen, da es sich um nachrichtendienstliche Erkenntnisse handle.“
↑Dragoslav Bokan: Baja Mali Knindža – Stante paše i ustaše. In: Naše Ideje. Nr.1, Juni 1993, S.71. Zitiert nach Pirkko Moisala, Beverley Diamond (Hrsg.): Music and gender. University of Illinois Press, 2000, ISBN 978-0-252-02544-0, S.222: „the effectiveness of [the Serbian] battle would perhaps be 30 percent lower … without that tape“
↑Ivan Čolović: Bordell der Krieger: Folklore, Politik und Krieg. fibre Verlag, Osnabrück 1994, ISBN 3-929759-08-X, Bordell der Krieger, Die Heiligen Krieger, S.111 (Originaltitel: Bordel ratnika: Folklor, politika i rat. Belgrad 1993.): „sieht der Volkssänger Baja Mali Knindža das Ziel des serbischen Kampfes in einer Verteidigung der Orthodoxie: Wir haben das Herzen von einem Leu, kämpfen für den rechten Glauben getreu.“