Bahnstrecke Luxemburg–Spa

Luxemburg–Ulflingen–Trois Ponts–Spa
Zug auf der Fahrt in der Stadt Luxemburg
Zug auf der Fahrt in der Stadt Luxemburg
Strecke der Bahnstrecke Luxemburg–Spa
Ligne 1 (CFL)
Streckennummer:Ligne 1 (CFL) (Luxemburg – Grenze)
L 42 (Grenze – Trois-Ponts)
L 45 (Trois-Ponts – Stavelot, abgebaut)
L 44 (Stavelot – Spa, abgebaut)
Kursbuchstrecke:10 (CFL)
Streckenlänge:76,8 km
Spurweite:1435 mm (Normalspur)
Streckenklasse:D4
Stromsystem:Spa-Géronstère – Spa: 3 kV =
Stromsystem:Luxemburg-Stadt – Trois-Ponts:
25 kV 50 Hz ~
Maximale Neigung: 20 
Minimaler Radius:220 m
Höchstgeschwindigkeit:Lux. – Dommeldange: 100 km/h
Dommeldange – Ettelbrück: 120 km/h
Ettelbrück – Troisvierges: 95 km/h
Troisvierges – Grenze: 100 km/h
Zweigleisigkeit:Luxemburg–Ettelbrück
Wilwerwiltz–Drauffelt
Gouvy–Vielsalm
Strecke von Pepinster (L 44)
Bahnhof
11,2 Spa 253 m
Haltepunkt / Haltestelle Strecke ab hier außer Betrieb
12,5 Spa-Géronstère (bis 2002 Géronstère)
Haltepunkt / Haltestelle (Strecke außer Betrieb)
15,2 Nivezé
Bahnhof (Strecke außer Betrieb)
19,8 Sart-lez-Spa
Bahnhof (Strecke außer Betrieb)
23,7 Hockai 539 m
Bahnhof (Strecke außer Betrieb)
27,3 Francorchamps
Abzweig geradeaus und von links (Strecke außer Betrieb)
ehem. Strecke von Waimes (L 45)
Bahnhof (Strecke außer Betrieb)
36,8
17,1
Stavelot 325 m
Abzweig ehemals geradeaus und von rechts
Strecke von Rivage (L 42)
Bahnhof
22,1
34,8
Trois-Ponts 269 m
Tunnel
Tunnel Trois-Ponts (420 m)
ehemaliger Bahnhof
40,7 Grand Halleux
ehemaliger Haltepunkt / Haltestelle
45,7 Rencheux
Abzweig geradeaus, ehemals nach links und ehemals von links
ehem. Strecke von Born (L 47A)
Bahnhof
46,7 Vielsalm
ehemaliger Haltepunkt / Haltestelle
48,3 Salmchâteau
ehemaliger Bahnhof
51,4 Cierreux
ehemaliger Bahnhof
54,2 Bovigny
Abzweig geradeaus, ehemals nach links und ehemals von links
ehem. zur Strecke nach St Vith (L 163),
von dort Überwerfungsbauwerk
Bahnhof
58,1 Gouvy
Abzweig geradeaus und ehemals nach rechts
ehem. Strecke nach Libramont (L 163)
Grenze
59,8
93,43
Belgien/Luxemburg
ehemaliger Bahnhof
Bellain
Abzweig geradeaus und ehemals von links
Vennbahn von Aachen (L 47)
Tunnel
86,01 Tunnel Ulflingen (165 m)
Bahnhof
85,60 Ulflingen
Tunnel
83,22 Tunnel Pfaffenmühl (190 m)
Haltepunkt / Haltestelle
81,05 Maulusmühle
Bahnhof
77,17 Clervaux
Tunnel
76,63 Tunnel Clerf (250 m)
Tunnel
75,91 Tunnel Schneidemühl (99 m)
Tunnel
74,95 Tunnel Mecherbach (84 m)
Tunnel
74,14 Tunnel Mecher (180 m)
Bahnhof
70,96 Drauffelt
Bahnhof
67,28 Wilwerwiltz
Tunnel
65,84 Tunnel Lellingen (180 m)
Tunnel
64,30 Tunnel Schieburg (236 m)
Tunnel
63,17 Tunnel Bierden (67 m)
Tunnel
62,90 Tunnel Kautenbach (186 m)
Tunnel
62,30 Tunnel Kirchberg (76 m)
Abzweig geradeaus und von rechts
Strecke von Bastogne
Bahnhof
62,02 Kautenbach
Tunnel
61,60 Tunnel Hockslay (144 m)
Tunnel
61,17 Tunnel Schwarzepoul (85 m)
Tunnel
59,90 Tunnel Schankewehr (74 m)
Bahnhof
57,75 Goebelsmühle
Tunnel
56,78 Tunnel Fischenterhof (447 m)
Tunnel
54,56 Tunnel Bourscheid (416 m)
Bahnhof
53,26 Michelau
Tunnel
52,30 Tunnel Michelau (290 m)
Tunnel
51,67 Tunnel Burden (534 m)
Abzweig geradeaus und von links
Strecke von Grevenmacher
Bahnhof
47,18 Ettelbrück
Haltepunkt / Haltestelle
44,95 Schieren
Abzweig geradeaus und nach rechts
Strecke nach Petingen
Bahnhof
43,23 Colmar-Berg
Tunnel
40,78 Tunnel Cruchten (250 m)
Abzweig geradeaus und ehemals von links
ehem. Schmalspurbahn von Larochette
Bahnhof
40,33 Cruchten
Bahnhof
34,74 Mersch
Bahnhof
31,12 Lintgen
Bahnhof
28,16 Lorentzweiler
Haltepunkt / Haltestelle
25,53 Heisdorf
Bahnhof
24,00 Walferdange
Bahnhof
20,83 Dommeldange
Bahnhof
19,075 Pfaffenthal-Kirchberg Übergang zur Standseilbahn
Kreuzung geradeaus unten (Querstrecke außer Betrieb)
ehem. Schmalspurbahn Luxemburg–Echternach
Brücke
Viadukt Grünewald (Viaduc Dräi Eechelen) (70 m)
Brücke
Viadukt Pfaffental (257 m)
Brücke
Clausener Viadukt (199 m)
Abzweig geradeaus und von links
Mosel–Syretal-Strecke von Trier
Brücke
Viadukt Pulvermühle (242 m)
Tunnel
17,57 Tunnel (413 m)
Bahnhof
16,65 Luxemburg
Strecke nach Namur, Longwy und Strecke nach Metz

Die Bahnstrecke Luxemburg–Spa (im luxemburgischen Teil auch als Nordlinie, Nordstrecke[1] oder Nordbahn bezeichnet) ist eine Bahnstrecke in Luxemburg und Belgien. Sie verbindet die Stadt Luxemburg über Ettelbrück und Ulflingen (Troisvierges) mit dem belgischen Trois-Ponts. Früher führte sie weiter bis Spa, dieser Abschnitt ist bis auf ein kurzes Reststück aber stillgelegt. Stattdessen fahren die stündlich von Luxemburg kommenden Intercity-Züge der Linie 33 weiter über Rivage nach Liège-Guillemins.

Die Strecke ist mit 76,78 Kilometern (Luxembourg Gare – belgische Grenze bei Beesleck) die längste durchgehende Bahnstrecke des Großherzogtums.

Geschichte

Entstehung in Teilstücken

Bahnhof Cruchten in Nord-Luxemburg (um 1910)

Vorüberlegungen zu einer Strecke von der Stadt Luxemburg aus nach Norden zur belgischen Grenze gab es bereits 1855. In diesem Jahr ging in Belgien die Strecke Verviers–Spa in Betrieb, mit der das damals weltberühmte Kurbad Spa Anschluss an die nördlich davon verlaufende internationale Ost-West-Hauptstrecke BrüsselKöln erhielt. Die Strecke Lüttich–Marloie (–Luxemburg) ging erst 1866 in Betrieb, so dass sich die Frage stellte, wie sich die bedeutende Industrieregion Lüttich und Verviers mit dem industriell damals ebenfalls hochbedeutenden Luxemburg am günstigsten verbinden ließ.

Von 1858 bis 1862 errichtete die Wilhelm-Luxemburg-Bahn – zunächst eingleisig – den Abschnitt Luxemburg–Ettelbrück (–Diekirch). Die Wilhelm-Luxemburg-Bahn war allerdings ein reines Finanzierungs- und Eisenbahninfrastrukturunternehmen, das den Betrieb dieser (wie auch ihrer anderen) Strecken an die französische Compagnie des Chemins de fer de l’Est (EST) verpachtete. Eröffnet wurde der Teilabschnitt Luxemburg–Ettelbrück am 21. Juli 1862.

Die Verlängerung der Luxemburger Nordbahn von Ettelbrück aus sollte zunächst nicht durch die Flusstäler, sondern nach Diekirch und dann über die Höhen nach Weiswampach führen. Erst 1860 wurde die heutige Streckenführung von Ettelbrück durch die Flusstäler nach Troisvierges und zur belgischen Grenze festgelegt. Dieser Abschnitt entstand in den Jahren 1862 bis 1866, eröffnet wurde er am 15. Dezember 1866. Auch dieser Abschnitt war zunächst nur eingleisig, ein zweites Gleis war beim Oberbau aber bereits vorgesehen (und wurde 50 Jahre später realisiert). Für die Kurven wurde in der Regel ein Mindestradius von 400 Metern festgelegt. Die maximale Steigung beträgt 1,5 %. Aufgrund der zahlreichen Talschlingen waren 18 Tunnel und 51 Flussbrücken erforderlich.

Alte Trasse mit Felseinschnitt bei Francorchamps (2011)

Das letzte Teilstück von Troisvierges nach Spa in Belgien wurde (ebenfalls eingleisig) am 20. Februar 1867 dem Verkehr übergeben. Hatte der Personen- und Güterverkehr zwischen Ostbelgien und Luxemburg bis dahin nur die Wahl zwischen einem Umweg über Marloie (vor 1866 zusätzlich über Namur) oder gar über die Linke Rheinstrecke, so bestand nun eine direkte Verbindung zwischen diesen Wirtschaftsräumen, die entsprechend florierte, auch wenn die Trassierung im Nordabschnitt ungünstig war: Während der Abschnitt südlich von Trois-Ponts mehr oder weniger gerade auf Luxemburg zulief, hatte der Abschnitt Trois-Ponts–Spa die Ardennen zu überwinden. Da ein über 10 km langer „Ardennen-Basistunnel“ seinerzeit nicht finanzierbar war, musste die Strecke von Trois-Ponts aus zunächst in östlicher Richtung auf ca. 10 km Länge um ca. 300 m ansteigen, um dann den Höhenzug an geeigneter Stelle (nahe Francorchamps) zu queren und von dort nach Westen hin auf weiteren ca. 10 km Strecke bis Spa wiederum ca. 300 m abzufallen. Durch diese stark ans Gelände angepasste Streckenführung wurden zwar jegliche Tunnel und kostspielige größere Brücken vermieden, aber die Entfernung zwischen den Bahnhöfen Trois-Ponts und Spa auf über das Doppelte gestreckt (30,6 Bahnkilometer versus 13,5 km Luftlinie). Zu einer Zeit, in der das Bahnnetz noch sehr weitmaschig war, stellte dies jedoch kein Problem dar, da es keine ernsthafte Alternative gab. 1870 wurde eine Kurswagenverbindung Luxemburg–Spa–Lüttich eingerichtet.[2]

Betreiberwechsel 1872

Aufgrund des von Frankreich verlorenen Deutsch-Französischen Kriegs von 1870/71 und des anschließenden Friedensvertrags von Frankfurt musste Frankreich das Elsass und Lothringen an das Deutsche Reich abtreten. Zudem wurde Frankreich auferlegt, die nun dort auf deutschem Hoheitsgebiet liegenden Strecken der EST zu enteignen und an das Deutsche Reich zu übergeben[3], das diese in den Reichseisenbahnen in Elsaß-Lothringen (EL) neu organisierte. Die Einwilligung der luxemburgischen Regierung zur Übernahme des Betriebes der im Großherzogtum Luxemburg gelegenen Strecken der Wilhelm-Luxemburg-Bahn, also auch der Bahnstrecke Luxemburg–Spa, durch die EL wurde mit einem Staatsvertrag zwischen dem Deutschen Reich und dem Großherzogtum vom 11. Juni 1872 erteilt.[4] Die Übernahme der Verwaltung durch die EL fand am 16. September 1872 statt. Das nördliche Ende der Strecke in Belgien zwischen der belgisch-luxemburgischen Grenze und Spa stellte für die EST nun einen Inselbetrieb von etwa 35 km Länge dar, an dem sie kein Interesse hatte. Diesen Abschnitt übernahm Belgien zum Betrieb und erstattete dafür Deutschland 1/6 des Pachtzinses von 3 Mio. Francs, den das Deutsche Reich an die Wilhelm-Luxemburg-Bahn zu zahlen hatte. Das regelte ein weiterer Staatsvertrag zwischen Deutschland und Belgien vom 11. Juli 1873.[5]

Konkurrenz durch neue Nachbarlinien

Bahnhof Spa mit der 1867 erbauten gusseisernen Bahnsteighalle

Die Blütezeit der Strecke Luxemburg–Spa als internationale Fernverbindung währte nur zwei Jahrzehnte, denn 1889 ging von Troisvierges aus die Vennbahn über das damals preußische St. Vith nach Aachen in Betrieb, über die alsbald erhebliche Mengen Kohle aus dem Aachener Revier nach Luxemburg und Erze aus Luxemburg nach Aachen transportiert wurden. Als 1890 die Strecke von Trois-Ponts nach Rivage eröffnet wurde, erhielt Luxemburg auch eine verkürzte Verbindung nach Lüttich, die zudem weniger verlorene Steigungen aufwies, was insbesondere für die immer länger und schwerer werdenden Güterzüge wichtig war. Der Abschnitt Trois-Ponts–Spa verlor daraufhin stark an Bedeutung.

Der letzte Vorkriegsfahrplan von 1914[6] weist im Personenverkehr fünf durchgehende Zugpaare zwischen Luxemburg und Verviers aus, davon einen D-Zug, der die 149 km lange Strecke in etwa vier Stunden bewältigte. Er führte zudem täglich Kurswagen (1., 2. und 3. Klasse) Luxemburg–Spa–Brüssel. Hinzu kamen zwei Zugpaare Luxemburg–Ulflingen (Troisvierges), drei Zugpaare Luxemburg–Ettelbrück sowie im nördlichen Abschnitt je ein Zugpaar Ulflingen–Verviers, Trois-Ponts–Verviers und Trois-Ponts–Lüttich, außerdem noch einige wenige Züge auf sehr kurzen Teilabschnitten.

Erster und Zweiter Weltkrieg

Von 1907 bis 1917 wurde der Abschnitt Luxemburg–Ettelbrück zweigleisig ausgebaut, von 1910 bis 1917 das Teilstück Ettelbrück–Troisvierges, letzteres wurde am 15. März 1917 in Betrieb genommen.

Nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 sorgten die in Belgien und Luxemburg einmarschierten deutschen Truppen mit hoher Priorität dafür, dass bis Ende 1916 auch der topographisch anspruchsvolle Abschnitt Vielsalm–Trois-Ponts zweigleisig ausgebaut wurde.[7] Das Anschlussstück in Richtung Lüttich (Trois-Pont–Rivage) hatten die Besatzer bereits im Mai 1915 entsprechend ausgebaut, dort war die Strecke allerdings auch schon beim Bau des Abschnitts darauf vorbereitet worden.

Außerdem befahl der für die deutsche Kriegs-Eisenbahnlogistik verantwortliche Oberstleutnant Groener Ende 1914 den Bau mehrerer strategischer Bahnstrecken für die bessere Versorgung der Front im französisch-belgischen Grenzgebiet, darunter zwei großzügig dimensionierte zweigleisige Hauptbahnen, die von der deutschen Vennbahn aus in Vielsalm (von Born, Linie 47A) und Gouvy (von St. Vith, Linie 163) Anschluss an die Strecke Luxemburg–Lüttich schufen (und nach 1945 in Trümmern bzw. in Bedeutungslosigkeit endeten). Mit diesen neuen Strecken war durchgehender zweigleisiger Betrieb ohne zeitraubende Fahrtrichtungswechsel z. B. von Köln (über Monschau) nach Gouvy oder von Gerolstein (über St. Vith) nach Lüttich möglich. Nach dem Krieg wurde auf einigen der genannten Strecken das zweite Gleis mangels Bedarf wieder abgebaut.

1924 erwarb die belgische Staatsbahn SNCB den zuvor nur gepachteten in Belgien verlaufenden Teil der Strecke.

Während des Zweiten Weltkriegs gab es erst während der Ardennenoffensive zwischen dem 16. Dezember 1944 und Februar 1945 massive Zerstörungen an Gleisen, Brücken, Gebäuden und Telegraphenleitungen. Ab März bzw. April 1945 war dann wieder ein eingeschränkter eingleisiger Betrieb möglich. Nach Gründung der CFL 1946 dauerte der endgültige Wiederaufbau aber noch bis 1952.

Nachkriegszeit, Unfall 1968, Teilstilllegung

In der Folge gab es immer wieder Modernisierungsmaßnahmen wie die schrittweise Umstellung der mechanischen Stellwerke auf elektrische Signalanlagen und die Reduzierung der niveaugleichen Bahnübergänge. Dabei spielte einerseits die Sicherheit, andererseits aber auch massive Personaleinsparungen eine wichtige Rolle.

In der Nachkriegszeit zeichnete sich immer deutlicher ab, dass der Südabschnitt Luxemburg–Trois-Ponts als Teil der internationalen Fernverbindung nach Lüttich einen festen Platz im europäischen Bahnnetz behielt, während der kurze Nordabschnitt Trois-Ponts–Spa-Géronstère durch die zunehmende Motorisierung der Bevölkerung und seine ungünstige Trassierung immer mehr Fahrgäste verlor und in Bedeutungslosigkeit versank. So endete auf dem Nordabschnitt mit Ablauf des 2. August 1959 der regelmäßige Personenverkehr. Bis 1968 oder 1969 verkehrten allerdings noch einzelne Sonderzüge zu Autorennen auf dem Circuit von Francorchamps, der unmittelbar östlich neben der Trasse liegt.[8] Auch der Güterverkehr wurde in den 1960er-Jahren eingestellt. Zwischen Stavelot und Sart-lez-Spa wurde der regelmäßige Güterverkehr am 1. September 1962 aufgegeben (bis dahin dreimal pro Woche ein Zugpaar), wobei noch bis 1963 einmal pro Woche ein Zug die im Bahnhof Francorchamps lagernden Vorräte einer Holzhandlung in Richtung Trois-Ponts abfuhr.[9]

Der Bahnhof Sart-lez-Spa wurde zunächst weiterhin von Spa aus bedient. Dort kam es jedoch am 30. Dezember 1968 zu einem tödlichen Unfall, als sich beim Zustellen dreier Güterwagen im zugeschneiten Bahnhof Sart-lez-Spa zwischen den Rädern und Bremsklötzen der Lokomotive Schnee angesammelt und im Laufe des Rangierens zu massivem Eis komprimiert hatte. Als die Lok ohne Wagen Sart-lez-Spa verließ, bemerkte das Personal erst auf dem steilen Gefälleabschnitt nach Spa, dass die Bremsen nicht mehr wirkten. Die 80 t schwere Lokomotive der belgischen Baureihe 212 erreichte eine Geschwindigkeit von deutlich über 100 km/h, entgleiste auf dem Viadukt von Géronstère und stürzte in die Tiefe. Die beiden Männer auf der Lok fanden dabei den Tod – statt zu Beginn abzuspringen, hatten sie versucht, die Lok doch noch abzubremsen und Passanten an den Bahnübergängen durch permanentes Hupen zu warnen.[10]

Eine Untersuchung stellte fest, dass die Umstände, die zu dem Unfall führten, außergewöhnlich und noch nie im belgischen Bahnnetz vorgekommen waren: längere langsame Fahrt über schneebedeckte Strecke und danach mehrfaches Bremsen und Anfahren in einem schneebedeckten Bahnhof. Zu bedenken ist hierbei, dass die Strecke für belgische Verhältnisse sehr hoch gelegen und sehr steil, dabei aber sehr schwach befahren war, dass wegen des schwachen Verkehrs offensichtlich auf eine Schneeräumung mittels Pflug verzichtet worden war und dass die Zeit der Dampflokomotiven, die eine erhebliche Wärme entwickeln, in dieser Region erst wenige Jahre vorüber war. Bereits im folgenden Sommer, am 30. Juni 1969, wurde der Güterverkehr zwischen Spa-Géronstère und Sart-lez-Spa eingestellt. Der gesamte Abschnitt von Spa-Géronstère bis Stavelot mit seinen starken Steigungen war somit ohne planmäßigen Verkehr und wurde in den Jahren 1973 und 1974 abgebaut.[9]

Das Streckenstück von Spa-Géronstère über den „Hauptbahnhof“ von Spa nach Verviers blieb hingegen erhalten, obwohl es nur noch den Charakter einer reinen Nebenstrecke hatte, und wurde sogar 1971 elektrifiziert.

Fernzug-Blütezeit auf dem Südabschnitt

Bahnhof Gouvy kurz vor Einführung des IC-Systems (1984)
Samstags-IC mit niederländischen Wagen (1985)

Auf dem Südabschnitt Luxemburg–Trois-Ponts verkehrten in den 1950er bis zu den frühen 1980er Jahren lediglich drei durchgehende Schnellzüge Lüttich–Luxemburg, zwischen Gouvy und Trois-Ponts kamen je nach Jahr und Richtung ein (!) bis sieben Lokalzüge hinzu. Einer der drei Schnellzüge verkehrte bereits 1952 mindestens von/nach Utrecht und hatte in Luxemburg zeitnahen Anschluss (möglicherweise auch Kurswagenübergang) an einen Schnellzug nach/von Basel (evtl. auch Italien).[11] Diese Verbindung änderte sich in den darauf folgenden Jahren immer wieder im Laufweg (1964 z. B. Maastricht–Basel[12]) und erreichte spätestens in den 1970ern ihr Maximum mit dem langen Laufweg Amsterdam–Maastricht–Lüttich–Luxemburg–Straßburg–Basel–Italien. Der Abschnitt zwischen Basel und den immer wieder wechselnden Endpunkten in Italien (z. B. Ancona, Pisa) wurde über Nacht gefahren. Die Verbindung bestand (mit wieder schrumpfender Tendenz) bis in die frühen 1990er Jahre.[13] Die anderen beiden Schnellzug-Paare behielten über die Jahre hinweg ihren auf Lüttich–Luxemburg beschränkten Laufweg.

Während der europaweiten Blütezeit des Autoreisezugverkehrs in den 1970er/1980er Jahren verkehrten auch Züge von den Verladestationen 's-Hertogenbosch (Niederlande) und Bressoux (5 km nordöstlich des Lütticher Hauptbahnhofs Liège-Guillemins) über die Luxemburger Nordbahn[14] zu den Urlaubszielen im Süden Frankreichs (z. B. Avignon, Narbonne, Saint-Raphaël).[15] Außerdem gab es in jenen Jahren ein saisonales Schnellzug-Paar, das samstags Ausflügler von Amsterdam (über Maastricht) nach Luxemburg und zurück brachte, sowie ab 1977 ein als „De Ardennen Express“ eingeführtes Samstags-Zugpaar von Antwerpen über Lüttich und Gouvy in das belgische Ardennenstädtchen Bastogne, das wenige Jahre später unter dem (der niedrigen Durchschnittsgeschwindigkeit besser angepassten) Namen „De Ardenner“ das luxemburgische Ettelbrück ansteuerte und bis 1989 verkehrte.

Sicherung der Zukunftsfähigkeit

InterRegio bei Clerf (2007)

Die landesweite Einführung des InterCity/InterRegio-Systems in Belgien 1984 führte zu einer deutlichen Verbesserung des Zugangebots auf der Strecke. Gab es zuvor[16] neben dem erwähnten internationalen Zugpaar nur zwei durchgehende Zugpaare Luxemburg–Lüttich, so wurden mit Einführung einer InterRegio-Linie namens IR m zunächst 6, später 8 Zugpaare im strikt eingehaltenem Zweistundentakt auf dieser Verbindung angeboten.

Der Abschnitt Luxemburg–Ettelbrück wurde bis zum 9. Juni 1988 elektrifiziert, es folgten die Abschnitte Ettelbrück–Kautenbach zum 20. April 1991 und Kautenbach–Troisvierges zum 25. September 1993. Am 26. September 1999 wurde im Abschnitt Gouvy–Trois-Ponts der elektrische Betrieb aufgenommen, die letzte Elektrifizierungslücke wurde am 27. Mai 2000 geschlossen.

Durch die Elektrifizierung sind dabei aus Kostengründen zahlreiche Tunnelabschnitte zwischen Ettelbrück und Troisvierges auf Eingleisigkeit zurückgebaut worden, ein Manko, unter dem die Strecke bis heute leidet. Zugleich wurden auch die letzten mechanischen Signalanlagen und Stellwerke ersetzt. Die gesamte Strecke von Ettelbrück bis zur belgischen Grenze wird seither vom Zentralstellwerk in Ettelbrück aus überwacht. Einen weiteren Bedeutungsverlust stellte die Einstellung des regulären internationalen Gütertransitverkehrs 2004 dar. Seither verkehren auf der Strecke nördlich von Ettelbrück fast nur noch Personenzüge.

Nahverkehr findet auf der Strecke zurzeit zwischen Luxemburg und Troisvierges statt. Außerdem nutzen Regionalexpress-Züge und Regionalbahnen der Relation Luxemburg–Diekirch und Züge nach Wiltz die Nordstrecke. Eingesetzt werden Wendezüge mit Elektroloks der Baureihe 4000 und Doppelstockwagen von Bombardier, Doppelstocktriebwagen der Baureihe 2200 (Alstom Coradia Duplex) oder Elektrotriebwagen der BR 2000 von De Dietrich Ferroviaire.

Die Gesamtstrecke wird heute im Fernverkehr von Zügen der Intercity-Linie 33 (Liers–Lüttich–Luxemburg) im Stundentakt befahren. Zum Einsatz kamen bis Dezember 2019 meist die luxemburgische Baureihe 3000, seltener die baugleiche NMBS/SNCB-Reihe 13, mit vier bis fünf belgischen I10-Großraumschnellzugwagen. Seit Dezember 2019 werden auf der Linie Elektrotriebzüge der NMBS/SNCB-Reihe AM 08 eingesetzt.[17]

Streckenbeschreibung

Radweg bei Hockai (Ausbau-Ende 2011)
Viadukt zwischen Géronstère und Spa (2008)

Luxemburger Teilstück

Ausgangspunkt der Ligne 1 (CFL) (Nordstrecke) ist der Bahnhof Luxemburg, die Strecke führt durch das Ösling, einem Ausläufer der Ardennen. Die durchquerte Landschaft mit ihren schmalen, tiefen Tälern und den zahlreichen Flussschlingen sowie vielen Brücken und Tunneln machen die Nordstrecke zu einer der reizvollsten Mittelgebirgsbahnen in Europa.[18][19][20]

In Ettelbrück zweigt die elektrifizierte Verbindung nach Diekirch ab, von Kautenbach führt die ebenfalls elektrifizierte Stichstrecke nach Wiltz.

Belgisches Teilstück

Auf belgischer Seite folgt die Strecke ab dem ehemaligen Bahnhof Bovigny in Richtung Norden dem Tal der Salm, bis diese bei Trois-Ponts in die Amblève (Amel) mündet. Während die Intercity-Züge heute weiter flussabwärts in Richtung Rivage–Lüttich fahren, folgte die ursprüngliche Streckenführung in Richtung Spa der Amblève flussaufwärts bis nach Stavelot. Von Trois-Ponts an (ca. 250 m hoch gelegen) ist 2010 auf der Bahntrasse ein Fahrradweg eingerichtet worden (sog. RaVeL), der nahezu kontinuierlich bis auf ca. 530 m Höhe zum „Pass“ von Hockai ansteigt.

5 km östlich von Trois-Ponts liegt der ehemalige Bahnhof von Stavelot, wo die bis 2006 noch von Güterzügen genutzte Verbindungsstrecke nach Malmedy und weiter zur Vennbahn abzweigte, die seit 2010 ebenfalls Radweg ist und direkt hinter Stavelot durch einen Tunnel führt, während die Linie nach Spa unmittelbar daneben über den entsprechenden Hügel hinüberführt. Nach Passieren mehrerer tiefer Felseinschnitte und der Motorsportanlage von Francorchamps erreicht die Trasse den in der Ortsmitte gelegenen alten Bahnhof von Hockai, den höchstgelegenen in Belgien. Vom Pass etwa 500 m weiter nördlich an fällt der seit 2021 ausgebaute Radweg bis Spa-Géronstère wieder kontinuierlich ab.[21]

Literatur

  • Ed Federmayer: Eisenbahnen in Luxemburg. Band 1. Herdam Fotoverlag, Gernrode/Harz 2007, ISBN 978-3-933178-21-3.
  • Georges Henrard: Spa – Stavelot. Histoires de tortillards ardennais, Tome 1: Les petits trains des neiges. Editions Sabel print, Belgien 1999, ISBN 2-87368-006-7 (französisch, 184 S.).
Commons: Bahnstrecke Luxemburg–Spa – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Nico Wennmacher: Vom 8. Juni 1980 bis zum 8. Juni 2005. (Memento vom 3. Januar 2018 im Internet Archive) Le Signal, Nr. 10, 18. Mai 2005.
  2. Hans Schweers und Henning Wall: Eisenbahnen rund um Aachen, 1. Auflage, Aachen 1993, ISBN 3-921679-91-5
  3. Jean-Georges Trouillet: Les Chemins de fer Impériaux d’Alsace-Lorraine – Reichs-Eisenbahnen in Elsass-Lothringen. Éditions Drei Exen Verlag, Husseren-les-Châteaux 2018. ISBN 978-2-9565934-0-9, S. 36.
  4. Gesetz, betreffend die Uebernahme der Verwaltung der Wilhelm-Luxemburg-Eisenbahnen vom 15. Juli 1872. In: RGBl. 1872, S. 329–338.
  5. Uebereinkunft zwischen Deutschland und Belgien, betreffend den Betrieb des auf belgischem Gebiete belegenen Theils der Wilhelm-Luxemburg-Eisenbahnen vom 11. Juli 1872. In: RGBl. 1873, S. 339–349.
  6. Reichs-Kursbuch, bearbeitet im Kursbureau des Reichs-Postamts, Berlin 1914, Nachdruck 1970, Verlag Ritzau, Pürgen/Landsberg (Lech), Tabelle 221.
  7. Fredy Thonus, Klaus-Dieter Klauser, Charles Legros: Le Rail en Ardenne-Eifel – La ligne Vielsalm – Born, 47A / Eine kleine Eisenbahnstrecke im Eifel-Ardennen-Raum – Die Linie Vielsalm – Born (47A) (zweisprachig), Geschichtsverein Zwischen Venn und Schneifel (ZVS), St. Vith 2016, ISBN 978-94-91261-33-6
  8. In Henrard: Spa–Stavelot ist auf Seite 166 ein Sonderzug abgebildet, der anlässlich des 24-Stunden-Rennens im Juli 1968 mit einer Lok der Baureihe 205 von Francorchamps nach Verviers verkehrte. Diese Rennen fanden nach längerer Pause ab 1964 wieder jährlich statt, oft im Juli. Ob auch 1969 bis zur Stilllegung am 30. Juni noch ein oder mehrere Sonderzüge zu diversen Autorennen verkehrten, ist möglich, aber nicht belegt.
  9. a b Georges Henrard: Spa – Stavelot. Histoires de tortillards ardennais, Tome 1: Les petits trains des neiges. Editions Sabel print, Belgien 1999, ISBN 2-87368-006-7, S. 161, 166, 179–182 (französisch, 184 S.).
  10. Georges Henrard: Spa – Stavelot. Histoires de tortillards ardennais, Tome 1: Les petits trains des neiges. Editions Sabel print, Belgien 1999, ISBN 2-87368-006-7, S. 106–107 (französisch, 184 S.).
  11. Deutsche Bundesbahn: Amtliches Kursbuch 5.10.1952, Auslands-Kurztabellen 1536, 1540a, 1540b, 1551.
  12. Deutsche Bundesbahn: Auslandkursbuch Winter 1964/65, Tabelle 1771.
  13. Stefan von der Ruhren: Zugbildung internationale Personenzüge 1971–1998 (Italien/Schweiz/Südfrankreich – BeNeLux). Abgerufen am 15. Januar 2017.
  14. Peter Vereecken: Foto von CFL 1805 + NMBS 5529 + Autoslaaptrein Costa Express in Gouvy am 31. Juli 1989. Abgerufen am 15. Januar 2017.
  15. SNCB/NMBS: Indicateur Chemins de Fer Belges / Spoorboekje Belgische Spoorwegen, gültig vom 2. Juni 1985 bis 31. Mai 1986, Tabellen A10, A11, A12, X und Y (sic!)
  16. SNCB/NMBS: Indicateur international / Spoorboekje buitenland, Eté/Zomer, gültig vom 31. Mai bis 26. September 1981, Tabelle 5b.
  17. https://rail.lu/materiel/sncbam08.html
  18. Eisenbahnstrecken im Kiischpelt
  19. Nordstrecke auf Bahnbilder.de, abgerufen am 1. Juli 2020
  20. Troisvierges–Ettelbruck–Luxembourg (Führerstandsmitfahrt)
  21. BE 044a (Spa –) Hockai – Stavelot (Pré-RAVeL). Achim Bartoschek, Februar 2021, abgerufen am 26. Juni 2022.