Die Bahnbögengalerie ist eine Serie von 40 Wandbildern im Stadtzentrum von Dresden. Das großangelegte Streetart-Werk, ausgeführt per Graffiti-Technik, entstand von 2005 bis 2007 anlässlich der 2006 begangenen 800-Jahr-Feier der sächsischen Landeshauptstadt. Es erstreckt sich über eine Länge von knapp 750 Metern, allerdings mit mehreren Unterbrechungen. Die Wandbilder der Galerie liegen entlang der nordwestlichen Straßenseite der Könneritzstraße, eines Teils des 26er Rings, in der Wilsdruffer Vorstadt. Sie befinden sich auf den Fassaden zugemauerter Bögen mehrerer langgestreckter Bogenbrücken, die Teil der Bahnstrecke Děčín–Dresden-Neustadt in ihrem höher gelegten innenstädtischen Abschnitt zwischen Dresden Hauptbahnhof und Bahnhof Dresden-Neustadt und damit Eigentum der Deutschen Bahn sind. Dabei handelt es sich um die jeweils mehr als 100 Meter langen Stadtviadukte I, II und III, die als „stadtentwicklungsgeschichtlich bedeutend“[1] gelten und deshalb als technische Denkmale in Dresden unter Schutz stehen.
Von den 40 Wandbildern haben 16 einen Bezug zu Dresden und 10 zu anderen sächsischen Orten, die teils im Dresdner Umland liegen. Die übrigen 14 Wandbilder sind neutral und ohne erkennbaren Ortsbezug. Fast ausschließlich zeigen die 40 Werke Aspekte des übergeordneten Themas Infrastruktur, viele davon widmen sich dem öffentlichen Verkehr. Auf der großen Mehrzahl der Abbildungen sind Verkehrsmittel zu sehen, meist Fahrzeuge und deren Infrastrukturanlagen. Eine Nebenrolle spielen die Elektrizitäts-, Wasser- und Gasversorgung sowie die Abwasserbeseitigung. Überwiegend handelt es sich bei den Bildern um fotorealistische, teils collagenartige Darstellungen, doch auch einige illusionistische und comicartige Werke sind dabei. Mitunter gibt es verbindende Elemente zu benachbarten Abbildungen. Die Bilder haben allesamt näherungsweise die Form von Kreissegmenten mit einer Sehnenlänge (Breite) von rund neun und einer Höhe von vier Metern. Eingerahmt werden sie von den Sandsteinbögen der Viadukte mit ihren Graubeige-Farbtönen. Übermalt wurden dabei auch die Türen und Lüftungsgitter, die in fast jedem Bahnbogen enthalten sind.
Gegliedert ist die Bahnbögengalerie in fünf Teile, die von Durchgängen bzw. -fahrten unterbrochen werden. Sie beginnt mit Bogen 1, der gegenüber dem Gebäude mit der Adresse Kraftwerk Mitte 16 liegt. Zwischen Teil I (Bogen 6) und Teil II (Bogen 7) verläuft in einem unnummerierten Bogen der Durchgang vom Kraftwerk Mitte zu dessen Besucherparkplatz, der sich auf der anderen Seite der Bahnstrecke Děčín–Dresden-Neustadt im Gleisdreieck der dort abzweigenden Bahnstrecke Berlin–Dresden befindet. Zwischen Teil II (Bogen 13) und Teil III (Bogen 14) führt die Schweriner Straße unter der Bahnstrecke hindurch. Nach dem Teil III (Wandbild 23) folgt die Eisenbahnüberführung Jahnstraße, an die sich nordöstlich der Bahnhof Dresden Mitte anschließt. Auch 13 der einst 14 Türen bzw. Fenster im Erdgeschoss des einstigen Bahnhofsgebäudes sind zugemauert und mit Wandbildern verziert, die jedoch nicht zur Bahnbögengalerie zählen und sich auch stilistisch von ihr unterscheiden. Die Bahnbögengalerie setzt sich im nordöstlichen Bahnhofsbereich mit Teil IV (Bogen 24) fort. Bogen 31 ist Bestandteil eines beim Bahnhofumbau in den 2000er Jahren angelegten Personentunnels und deshalb als einziger nummerierter Bogen nicht bemalt. Zwischen Teil IV (Bogen 33) und Teil V (Bogen 34) befindet sich die Eisenbahnüberführung Friedrichstraße. Die Bahnbögengalerie endet mit Bogen 41 unmittelbar vor der Eisenbahnüberführung über die Bundesstraße 6 (Magdeburger Straße) in Höhe Ostra-Allee.
Geschichte
Bereits in den 1990er Jahren gab es vereinzelte Graffiti im Bereich der späteren Galerie. Damals standen viele der Bahnbögen jedoch leer, nur wenige waren verschließbar und dienten als Lager. Ein Problem in dieser Zeit stellte die illegale Ablagerung von Abfällen in den offenen Bahnbögen dar. Um dem zu begegnen und gleichzeitig die Anlage zu gestalten und Flächen für legale Graffiti zur Verfügung zu stellen, entstand die Idee, die Brückenbögen zuzumauern und die dabei entstehenden Flächen mit Streetart-Werken zu versehen. Dies folgte dem Beispiel des Bahnhofs Mitte, dessen Fassade bereits in den 1990er Jahren[2] mit Wandbildern versehen worden war, die nach der 2001 bis 2004 erfolgten Bahnhofssanierung umgestaltet wurden. Im Juni 2005 begannen, als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme koordiniert vom Sächsischen Umschulungs- und Fortbildungswerk (SUFW), zwölf Langzeitarbeitslose und Lehrlinge mit den Mauerarbeiten,[3] die mit abgeklopften Abbruchsteinen aus dem VEB Bramsch erfolgten.[4] Im September 2005 wurden die ersten Gestaltungsentwürfe im Neuen Rathaus vorgestellt und zehn davon ausgewählt.[5] Noch Ende des gleichen Monats begannen die Ausführungsarbeiten mit den zehn Bögen im heutigen Teil III zwischen Jahn- und Schweriner Straße unter dem Motto „Dresden – Stadt der Technik“. Am 25. November 2005 übergab der Verkehrsverbund Oberelbe die ersten fertiggestellten Bilder der Bahnbögengalerie der Öffentlichkeit.[6]
Danach gingen die Arbeiten an den Teilen I und II weiter, zuletzt wurden die Teile IV und V fertig. Das Ziel, bis zum Stadtjubiläum 2006 alle 40 Bögen zu gestalten, wurde nicht erreicht.[7] Insgesamt arbeiteten die vier beteiligten Graffitikünstler, davon je zwei aus Dresden und aus Torgau, über einen Zeitraum von zwei Jahren an dem Großprojekt,[8] zwischendrin waren sie jedoch auch mit anderen Werken beschäftigt. Die Gestaltungsmöglichkeiten bei den Entwürfen waren anfangs noch recht frei. Bald entwickelten sich jedoch reine Auftragsarbeiten von Sponsoren,[9] die für die Vorarbeiten und die Ausgestaltung eines Bogens 3500 Euro übernahmen und dafür die Motive bestimmen und ihr Logo einbringen konnten. Nicht zur Ausführung kamen ursprüngliche Pläne, auch Aspekte der Kunststadt und der Sportstadt Dresden darzustellen sowie weitere 13 Bögen auf der anderen Seite der Viadukte mit je einem Motiv aus den damals zwölf Dresdner Partnerstädten sowie aus Dresden selbst zu versehen.[10]
Legende
Teil/Standort: Nennt den jeweiligen Teil der Serie, zu dem das Wandbild gehört, und den Standort dieses Teils.
Nummer/Lage: Nennt die (in den meisten Fällen auf dem Schlussstein des jeweiligen Bogens lesbar erhalten gebliebene) Nummer des Bahnbogens, in dem sich das Wandbild befindet. Der Link „Lage“ gibt die Koordinaten des Wandbilds an und führt zur Kartendarstellung. Die Grundsortierung der Liste folgt der Nummer.
Bild: Zeigt ein Foto des Wandbilds.
Auftraggeber: Nennt den Auftraggeber des Wandbilds.
Thema: Nennt das Thema des Wandbilds und die abgebildeten Objekte.
Liste der Wandbilder der Bahnbögengalerie
Teil/Standort
Nummer/Lage
Bild
Auftraggeber
Thema
Teil I, zwischen Könneritzstraße 16 und Fußgängerampel am Kraftwerk Mitte
Abwasserbeseitigung: links ein Wohnhaus, in dem Badewanne, Toilette, Dusche und Waschmaschine als Schmutzwasser abgebende Einrichtungen zu sehen sind, darunter die Kanalisation, im Hintergrund ein Ausschnitt der Dresdner Altstadtsilhouette mit Sächsischem Ständehaus, Katholischer Hofkirche und Hausmannsturm; rechts drei einen Kreislauf symbolisierende Wassertropfen (in Anklang an das Logo der Stadtentwässerung Dresden), darin einmal Grünpflanzen als Sinnbild für die Natur, einmal eine badende weibliche Gestalt als Sinnbild für die Wassernutzer und einmal mehrere Klärbecken neben der Elbe sowie ein historischer Erlwein-Bau der Kläranlage Dresden-Kaditz; ganz rechts das Unternehmensmaskottchen „Ulli-Gulli“, ein Waschbär, das sich auf eine Haushaltssaugglocke stützt
Teil V, zwischen Friedrichstraße und Eisenbahnüberführung Bundesstraße 6
Luftfahrt am Flughafen Dresden: Terminalgebäude mit Brücke über die Flughafenvorfahrt zum Parkhaus, rechts ein Teil des Vorfelds mit dort abgestellten Flugzeugen, im Hintergrund ein startendes Flugzeug
Teil V, zwischen Friedrichstraße und Eisenbahnüberführung Bundesstraße 6
Luftfahrt: Cockpit eines Flugzeugs mit diversen Bedien- und Kontrollelementen, durch die Fenster ist bewölkter Himmel und rechts unten ein Flusstal mit bewaldeten Hängen erkennbar
Teil V, zwischen Friedrichstraße und Eisenbahnüberführung Bundesstraße 6
Luftfahrt: 152 auf dem Vorfeld eines Flugplatzes mit vier Personen. Die 152 war das in den 1950er Jahren entwickelte erste deutsche Passagierstrahlflugzeug und das wichtigste Projekt des Flugzeugbaus in der DDR. Gefertigt wurde sie beim VEB Flugzeugwerke Dresden, dem Vorläufer der Elbe Flugzeugwerke.
Teil V, zwischen Friedrichstraße und Eisenbahnüberführung Bundesstraße 6
Straßenbahn Dresden: Fahrzeuggeschichte der Dresdner Straßenbahn von den Anfängen bis zur Moderne: links eine Pferdebahn der Tramways Company of Germany Ltd. („Die Gelbe“), daneben der Triebwagen 309 (GBS Berolina-Wagen, eines der Museumsfahrzeuge des Straßenbahnmuseums Dresden) der Deutschen Straßenbahngesellschaft in Dresden („Die Rote“) auf der Plauenschen Grundbahn, in der Mitte der Triebwagen 1716 (Großer Hecht, Museumsfahrzeug des Straßenbahnmuseums Dresden), daneben der Triebwagen 2000 (Tatra T4D, Museumsfahrzeug des Straßenbahnmuseums Dresden), rechts ein Gelenktriebwagen NGT D12DD, darunter eine Zeile mit den Jahreszahlen der Einführung des jeweiligen Fahrzeugs; im Hintergrund die Dresdner Altstadtsilhouette im Canaletto-Blick sowie ein stilisiertes Dresdner Stadtwappen
↑Anne Rakowski: Dreckmeile wird zur Kunstmeile. „Bahnbögenbalerie“ auf der Könneritzstraße soll bis zum Stadtjubiläum vollendet sein. In: Dresdner Neueste Nachrichten, Ausg. v. 24. September 2005, S. 15.
↑O. V.: Kunst aus Dosen lässt Schandflecke verschwinden. Bögen am Bahnhof Mitte sollen bis Ende des Jahres fertig gestaltet sein. In: Dresdner Neueste Nachrichten, Ausg. v. 29. November 2006, S. 15.
↑Nadine Steinmann: StreetArt-Künstler engagieren sich für legale Graffiti-Flächen in Dresden. In: Dresdner Neueste Nachrichten, 2. April 2014.