Atmosphärische Flüsse (engl. atmospheric river, AR) ist die Bezeichnung für 400 bis 600 km breite und bis zu mehrere tausend km lange Bänder feuchtigkeitsgesättigter Luft aus den Äquatorialregionen in ca. 1 bis 2,5 km Höhe.[1][2] In ihnen findet der größte Teil des Feuchtigkeitstransports in der Atmosphäre außerhalb der Tropen statt.[3]
An der Westküste der Vereinigten Staaten von Amerika sind solche Strömungen schon länger aufgrund ihrer Herkunft aus der tropischen Meeresregion beispielsweise im mittleren Pazifik und damit aus Hawaii als „Ananas-Express“ (engl. Pineapple Express)[3][2] bekannt.[1][4] Ein solcher „atmosphärischer Fluss“ bringt normalerweise drei bis fünf Tage heftigen Regens bzw. Schnees.[1]
Zu jeder Zeit sind ungefähr fünf solcher atmosphärischen Flüsse in der Atmosphäre und transportieren dabei ca. 90 % der Luftfeuchtigkeit aus der Äquatorregion in die mittleren Breiten.[6] Jährlich treffen mindestens neun solcher Flüsse die kalifornische Küste[1] und transportieren dabei 30 bis 50 Prozent des Niederschlags, der insgesamt an der amerikanischen Westküste fällt.[3] Atmosphärische Flüsse entstehen auch über anderen Meeren als dem Pazifik.[1]
Forschung
Seit der Entdeckung der atmosphärischen Flüsse werden sie durch Radar und Wettersatelliten überwacht. Modelle zum Feuchtigkeitstransport in der Atmosphäre enthalten nun ihre Daten und modellieren dementsprechend.
Großbritannien
Großbritannien war zwischen 1983 und 2013 im Durchschnitt von 9 bis 11 atmosphärischen Flüssen pro Jahr betroffen.[5]
2013 meldete das englische Institute of Physics basierend auf Forschungen der University of Reading und der University of Iowa die Untersuchung von Starkregen infolge von atmosphärischen Flüssen.[8][9] Hierzu wurden atmosphärische Flüsse zwischen 1980 und 2005 in fünf verschiedenen Klimamodellen nachgerechnet, um zu ermitteln, inwieweit diese Modelle dem Verlauf der tatsächlichen Ereignisse entsprachen.[8] Nachdem sich alle Modelle als geeignet erwiesen hatten, wurden zukünftige Ereignisse auf der Basis von zwei Szenarien berechnet. Alle fünf Modelle zeigten unter den Grundannahmen zwischen 2074 und 2099 ungefähr eine Verdopplung von atmosphärischen Flüssen mit Einfluss auf Großbritannien im Vergleich zur Periode von 1980 bis 2005.[8]
Nach neueren Untersuchungen konnten zwischen 1979 und 2011 acht von zehn Extremniederschlagvorfällen in Europa auf atmosphärische Flüsse zurückgeführt werden.[2]
Wirkungen
Die meisten atmosphärischen Flüsse sind für den normalen, saisonal typischen Regenfall in verschiedenen Regionen verantwortlich. So tragen sie beispielsweise zu 30 bis 50 % zu den normalen Regenfällen an der US-Westküste bei. Nur sehr starke und andauernde Flüsse führen zu Überschwemmungsereignissen.[3]
Durch atmosphärische Flüsse hervorgerufene Extremereignisse
Atmosphärische Flüsse gelten als Ursachen für verschiedene Extremereignisse. Das Earth System Research Laboratory der NOAA beschränkt sich auf Vorfälle, zu denen in rezipierten Fachmagazinenen Veröffentlichungen vorliegen, darunter:
Der als Snowmageddon bezeichnete Wettervorfall, in dem über mehrere Staaten bis zu 1 m Schnee fiel, an vielen Orten auch in Rekordmengen, und Behörden zur Schließung zwang, zu großflächigen Stromausfällen und erheblichen Störungen im Verkehr führte.
In extremen Fällen, wie sie ca. alle 200 Jahre auftreten, sind die Regenfälle aber nicht auf wenige Tage beschränkt, sondern dauern unter Umständen wochenlang an. Durch die Zusammenlegung zweier solcher Ereignisse, der „Ananas-Expresse“ der Jahre 1969 und 1986, erstellte eine Forschergruppe im Auftrag der United States Geological Survey (USGA) das Arkstorm-Szenario, in dem ein atmosphärischer Fluss 23 Tage Regen in Kalifornien bringt und geschätzte Schäden im Bereich von 700 Mrd. USD verursacht.[12][4] Berichte von 1861/62 sprechen von 45 Tagen ununterbrochenen, sintflutartigen Regenfällen.[1]
Wirtschaftliche Folgen
Die Versicherungsindustrie bewertet Risiken, um ihre Aktuare mit den notwendigen Daten ausstatten zu können. 2015 bewertete nach einem Zeitschriftenbericht das Schweizer Versicherungsunternehmen Swiss Re atmosphärische Flüsse als eins der 21 größten Risiken der kommenden Jahre.[13]
↑ abcdefAtmospheric River Portal des Earth System Research Laboratory der National Oceanic and Atmospheric Administration, abgerufen am 28. September 2013
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Zusammenfassung des ArkStorm-Szenarios des U.S. Geological Survey aus: Keith Porter, Anne Wein, Charles Alpers, Allan Baez, Patrick Barnard, James Carter, Alessandra Corsi, James Costner, Dale Cox, Tapash Das, Michael Dettinger, James Done, Charles Eadie, Marcia Eymann, Justin Ferris, Prasad Gunturi, Mimi Hughes, Robert Jarrett, Laurie Johnson, Hanh Dam Le-Griffin, David Mitchell, Suzette Morman, Paul Neiman, Anna Olsen, Suzanne Perry, Geoffrey Plumlee, Martin Ralph, David Reynolds, Adam Rose, Kathleen Schaefer, Julie Serakos, William Siembieda, Jonathan Stock, David Strong, Ian Sue Wing, Alex Tang, Pete Thomas, Ken Topping, unter der Leitung von Chris Wills und Lucile Jones; Projektmanager Dale Cox (201) Overview of the ARkStorm scenario: U.S. Geological Survey Open-File Report 2010-1312, 183 Seiten zuzüglich Anhängen