1957 wurde Zitelmann ordiniert und arbeitete bis 1959 in Frankfurt am Main; anschließend von 1959 bis 1961 als Pfarrer in Burg bei Herborn. In dieser Zeit machte er ein Fernsehpraktikum beim Hessischen Rundfunk und besuchte ein journalistisches Fortbildungsseminar. 1961 wechselte er auf eine Pfarrstelle in Frankfurt am Main und 1971 auf eine in Messel (Landkreis Darmstadt-Dieburg).[3] Von 1977 bis 1992 war er Religionslehrer am humanistischen Ludwig-Georgs-Gymnasium in Darmstadt, zu Zitelmanns Schülern gehörte seinerzeit auch der Schauspieler Matthias Matschke.[5] Er war an der Ausarbeitung von Richtlinien für den Sexualkundeunterricht beteiligt und warb um Verständnis für Pädophile, die er „Kinderfreunde“ nannte und die „oft ganz ungefährlich und harmlos“ seien: „Sie stehen z. B. im Gebüsch und wollen nur ihr Glied anderen Leuten und Kindern zeigen.“[6]
Arnulf Zitelmann hatte drei Töchter und einen Sohn,[3] den Historiker und Journalisten Rainer Zitelmann. Die älteste Tochter Anita nahm sich 1986 das Leben.[7]
Missbrauchsvorwürfe
Ein Artikel in der Wochenzeitung Die Zeit vom 18. Januar 2024[7] machte öffentlich, was zuvor in Kreisen der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) bekannt war: Die jüngste Tochter erhob seit den 1990er Jahren gegen Zitelmann Vorwürfe der sexualisierten Gewalt. 1999 unterrichtete ein Pfarrer den für Zitelmann zuständigen Dekan der EKHN über den Missbrauch.[7] Doch nichts geschah.
Erst im Jahr 2010 strengte die EKHN in dieser Sache ein Disziplinarverfahren gegen Zitelmann an.[7] Doch zwei Jahre darauf wurde das kircheninterne Ermittlungsverfahren ergebnislos eingestellt.[7] Dem Präsidenten der EKHN, Volker Jung, zufolge befand sich die Kirche in einem Dilemma, da wegen Verjährung keine Schuldfeststellung im rechtlichen Sinn erfolgt war.[8] 2022 wurden die Taten von der Kommission für Anerkennungsleistungen der Evangelischen Landeskirche in Hessen und Nassau anerkannt.[7] Der Tochter wurde ein Betrag von 130.000 EUR als Entschädigung ausgezahlt.[8]
Seiner ersten Veröffentlichung mit dem HandbuchDidaktik der Sexualerziehung (1970) folgten Arbeiten zur Prozesstheologie und weitere Sachbücher.
Parallel dazu veröffentlichte er zahlreiche belletristische Werke. So thematisieren seine sich an Jugendliche wendenden, meist historischen Romane die biblische und hellenistisch-römische Antike wie auch das Mittelalter und die Zeit des Nationalsozialismus. Die aus der jeweiligen Alltagswelt entwickelten Hauptfiguren machen Geschichte „von unten“ erfahrbar. Der Autor selbst charakterisierte diese Werke als „theologisch-philosophische Abenteuerromane“. Zitelmanns Leitmotiv, Anderen und Anderem gegenüber offen zu sein und friedlich zu begegnen, war auch Thema seiner Romane, die (bei Veröffentlichung) in der Gegenwart spielten oder die Zukunft als Science Fiction vorwegnahmen. Viele seiner Romane wurden in mehrere Sprachen übersetzt.
Zitelmann erhielt für sein Schaffen zahlreiche Preise und Auszeichnungen. Von der Kritik wurden insbesondere die quellengenaue Sachkenntnis und eingängige Schreibweise seiner Werke gelobt. Dies gilt speziell für seine sich an Jugendliche wie an Erwachsene richtenden Biographien zu Persönlichkeiten wie Immanuel Kant, Georg Christoph Lichtenberg und Martin Luther.[11]
Kerstin Hasse: Die Jugendbücher von Arnulf Zitelmann und ihre lesepädagogische Bedeutung. Magisterarbeit an der Universität Erlangen-Nürnberg 1998.
Ortwin Beisbart: Erwachsenwerden als Herausforderung, in welche Geschichte man gehören will. Konstruktion von Individuum und Familie in Arnulf Zitelmanns Jugendroman „Abraham und Sarai“ (1993). In: Jahrbuch für Internationale Germanistik, Jahrgang 36 (2004), Heft 1, Seite 183–196.
↑ abcdefghiUdo Schmoll: „Bruchstellen sind Fundstellen“ – Zum Leben und Werk von Arnulf Zitelmann. In: kjl&m. Nr.9.1. kopaed, München 2009, S.38–43 (beltz.de [PDF]).
↑Zitiert nach Raoul Löbbert, Karsten Polke-Majewski: Die Sünden der Anderen. Ein Pfarrer vergreift sich an seiner Tochter. In: Die Zeit, 18. Januar 2024, S. 51–52, hier S. 52.
↑Rezensionen zu Zitelmanns Biographie über Georg Christoph Lichtenberg: ich: Wer ist da? Nur ich. In: Mitteldeutsche Zeitung vom 21. März 2002.; Jürgen Diesner: Fünf Jahre in der Giftküche des Gelehrten. In: Darmstädter Echo vom 2. Juli 2002; Heinz Steuer, in: bibliotheksnachrichten 3 (2002); Ulrich Karger, in: Der Tagesspiegel vom 4. August 2002, S. 28; Brigitte Schewe: Sandkorn und Morgenröte. Lebenswege zum Lesen und zum Lauschen. In: Eselsohr. H. 12 (2002); Alexander Neumann, in: Lichtenberg-Jahrbuch 2002 (2003); Martina Wehlte-Höschele, in: Büchermarkt. Deutschlandradio vom 18. Mai 2002 (Auflistung entnommen dem Jahrbuch der Lichtenberg Gesellschaft e. V. zu Lichtenberg-Bibliographie 2001–2003 und Nachträge, zusammengestellt von Ulrich Joost).