Ören wuchs als Sohn eines Bauingenieurs, dessen Familie aus Kreta stammte, und einer in einer Marineoffiziersfamilie groß gewordenen Mutter im Istanbuler Stadtteil Bebek auf. Er besuchte das amerikanische Robert College und das staatliche Gymnasium in Istanbul, bis er sich entschloss, Schriftsteller und Schauspieler zu werden. In diesen Berufen arbeitete Ören von 1959 bis 1969 in Istanbul, unterbrochen vom Militärdienst 1963–1965 sowie vielen Aufenthalten in Deutschland, die u. a. das Ziel hatten, eine Theatergruppe für Immigranten zu gründen. Nach seinem Umzug nach West-Berlin 1969 schloss er sich der Künstlergruppe „Rote Nelke“ an.
Ab 1974 arbeitete Ören neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit als Redakteur beim Sender Freies Berlin (SFB, heute RBB). Er war Mitgründer der türkischen Redaktion, die er ab 1996 leitete. Im Wintersemester 1999 übernahm er die Poetik-Dozentur an der Universität Tübingen. Er ist Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland.
Im Mai 2012 wurde Ören als neues Mitglied in die Akademie der Künste in Berlin berufen, dessen Wahl er annahm. Eine aktive Mitgliedschaft setzt voraus, dass Künstler aktiv an den Aufgaben der Akademie mitwirken, sodass er zukünftig weitere Präsenz in der Akademie zeigen wird.[1] 2014 eröffnete das Archiv der Akademie der Künste ein Aras-Ören-Archiv für eine wissenschaftliche Auswertung des Vorlasses.[2]
Werk
In seinen literarischen Werken befasst sich Aras Ören immer wieder mit den Themen Fremdheit, Identität, Sprachlosigkeit und der offen bis subtilen Herabsetzung der Frauen in einer männlichen Kultur und deren Möglichkeit des Aufbegehrens. Ören erzählt von Menschen, „die mit nichts anderem als einem Plastikkoffer in der Hand in einem fremden Land ankommen“. Damit wird er zu einem Literaten, dessen Themen die großen Herausforderungen im 20. und 21. Jahrhundert sind: die Völkerwanderungsbewegungen in einer globalen Welt.
Hierzu eine programmatische Aussage des Autors: „Eine Metropole ist kein Völkerkundemuseum.“
Ören schreibt seine Romane und Erzählungen in der Regel in türkischer Sprache, bevor sie zur Veröffentlichung übersetzt werden.
Aras Ören ist einer der bekanntesten türkischstämmigen Schriftsteller in Deutschland. Er ist für sein Schaffen mehrfach mit Preisen ausgezeichnet worden: Theaterpreis, Istanbul (1969), Förderpreis des Bundesverbandes der Deutschen Industrie 1980, Auszeichnung durch die Bayerische Akademie der Schönen Künste 1983 und 1985 mit dem Adelbert-von-Chamisso-Preis. 2023 wurde Ören die Ehrengabe der Deutschen Schillerstiftung zuerkannt.[3]
Privat
Ören wurde eigentlich am 1. November 1939 geboren, durch einen Behördenfehler wurde aber der 30. November auf seiner Geburtsurkunde vermerkt und dies steht seither – ohne dass Ören das ändern konnte – auf all seinen offiziellen Papieren. Daher hat er nunmehr „zwei“ Geburtstage. Den 1. November feiert er im privaten Kreis, während der 30. November nun sein offizieller Geburtstagstermin ist.[4]
Ören hat aus einer Beziehung mit der Schauspielerin Käte Jaenicke eine Tochter, die 1963 geborene ehemalige Schauspielerin Anja Jaenicke.[5] Aras Ören wohnt in Berlin.
Privatexil ein Programm? Drei Vorlesungen Übers. Cem Dalaman. (Tübinger Poetik-Dozentur) Konkursbuchverlag, Tübingen 1999 ISBN 3-88769-711-1 (über deutsches Exil in der Türkei 1933–1945)
Berliner Trilogie (beinhaltet: Was will Niyazi in der Naunynstraße, Der kurze Traum aus Kagithane, Die Fremde ist auch ein Haus sowie ein aktuelles Vorwort des Autors zur erstmaligen Sammlung der Trilogie) Verbrecher Verlag, Berlin 2019, ISBN 978-3-95732-400-9.
Literaturhinweise
Ela Gezen: (West-) Berliner Zeitlichkeiten und das Archiv der Migration, in: Zeitschrift für interkulturelle Germanisitk 13/2022/H2.
Ela Gezen: Einleitung: Aras Ören – Zeitzeuge, Chronist und Archivar (West)Berlins, in: Monatshefte, Dezember 2020, 112 (4) 563-570; doi:10.3368/m.112.4.563
Helga Neumann: „Archive sind unfreundlich von soviel aufbewahrter Wirklichkeit“. Zum Aras-Ören-Archiv in der Akademie der Künste, Berlin, in: Monatshefte, Dezember 2020, 112 (4) 571-586; doi:10.3368/m.112.4.571
Leslie A. Adelson: When Sincerity Fails: Literatures of Migration and the Emblematic Labor of Personhood1, in: Monatshefte, Dezember 2020, 112 (4) 587-605; doi:10.3368/m.112.4.587
Deniz Göktürk: Intermedial Solidarity: Drawing Inspiration from the 1970s, in: Monatshefte, Dezember 2020, 112 (4) 606-631; doi:10.3368/m.112.4.606
David Gramling: Back by Inscrutable Demand: Ali Itır’s Multilingual Return in Berlin Savignyplatz, in: Monatshefte, Dezember 2020, 112 (4) 632-644; doi:10.3368/m.112.4.632
Moray McGowan: The Hand that Rocks the Cradle? Aras Ören’s “Europa”, in: Monatshefte, Dezember 2020, 112 (4) 645-658; doi:10.3368/m.112.4.645
Tom Cheesman: What’s Going On: Poems by Aras Ören with a Translator’s Introduction, in: Monatshefte, Dezember 2020, 112 (4) 675-697; doi:10.3368/m.112.4.675