Anton Prokesch stammte aus einer mährischen Familie, deren ältester bekannter Vertreter Franz Prokes um 1700 als Händler in Groß-Seelowitz bei Auspitz lebte. Der 1795 in Graz geborene Prokesch machte von 1813 bis 1815 die Feldzüge gegen Frankreich mit. In Graz war er Gast im Salon von Marie Pachler-Koschak. Er wurde 1818 Adjutant des Feldmarschalls Schwarzenberg. In den folgenden Jahren mehrfach zu Missionen in den Orient verwendet, gelang es ihm 1829 mit dem Pascha von Akka eine Übereinkunft zu Gunsten der Christen im Heiligen Land abzuschließen. 1829 wurde er in der Jerusalemer Grabeskirche als Ritter in den Ritterorden vom Heiligen Grab investiert.[1] Er wurde 1830 als „Ritter von Osten“ geadelt. Das Adelsprädikat sollte die großen Verdienste zum Ausdruck bringen, die sich Prokesch in der Levante erworben hatte.
Von 1830 bis zu dessen frühem Tod 1832 war Prokesch von Osten der Vertraute und Freund des jungen Herzogs von Reichstadt, des Sohnes Napoleons, der am österreichischen Hof lebte.
Er heiratete am 25. November 1832 die Pianistin und Saloniére Irene Kiesewetter von Wiesenbrunn (* 27. März 1809 in Wien; † 7. Juli 1872 in Graz), eine Tochter des Musikforschers Raphael Georg Kiesewetter. Sie war eine hervorragende Pianistin, mit Franz Schubert befreundet und führte in Graz einen einflussreichen Salon.[2][3]
Das gräfliche Geschlecht der Prokesch von Osten ist mit dem Tod des Sohnes Anton („der Jüngere“, * 19. Februar 1837 in Athen; † 12. März 1919 in Gmunden) im Mannesstamm erloschen. Dieser war mit der Schauspielerin Friederike Goßmann verheiratet, mit der er in Gmunden in der „Villa Prokesch-Osten“ lebte und in Gmunden bedeutende soziale und kulturelle Aktivitäten entfaltete.[4][5] Letztere hatten eine Tochter, Johanna, die später den k.u.k. Obersten Viktor Freiherrn von Schleinitz (1865–1957) heiratete und mit ihm einen Sohn hatte, Nikolaus Schleinitz-Prokesch (1895–1955), der eine diplomatische Laufbahn einschlug und dessen Nachkommenschaft sich bis heute fortsetzt.
Standeserhebungen
Österreichischer Ritterstand mit „von Osten“, verliehen in Wien am 24. Mai 1830 an Anton Prokesch, k.k. Major, ehemaliger Gesandter in Athen.
Österreichischer Freiherrnstand am 1. Februar 1845 für Anton Ritter Prokesch von Osten, k.k. Generalmajor.
Österreichischer Grafenstand, verliehen in Schönbrunn am 3. November 1871 an Anton Freiherrn Prokesch von Osten, k.k. Geheimer Rat und Feldzeugmeister, ehemaliger Botschafter in Konstantinopel (Diplom 6. Februar 1872).
Wappen
Wappen des Grafen Prokesch von Osten (1871)
Blasonierung: „Durch sechs absteigende Spitzen im Spitzenschnitt erhöht geteilt von Gold, darin ein rotes Jerusalemkreuz (= Hinweis auf den Orden vom Heiligen Grab), und Blau, darin auf goldenem Sockel eine goldene Sphinx einwärts. Grafenkrone. Zwei gekrönte Helme: auf dem rechten mit rot-goldenen Decken ein altägyptischer Greif aus rotem Granit mit silbernen Flügeln, in den Pranken eine goldene Stange mit der österreichisch-ungarischen Kriegsflagge haltend; auf dem linken mit blau-goldenen Decken eine wachsende Minerva mit goldenem Schuppenpanzer, Medusenschild und Helm mit schwarzem Busch, in der Rechten eine Lanze mit braunem Schaft, silberner Spitze und goldener Quaste haltend. Schildhalter: rechts ein altägyptischer goldener Löwe, links ein altägyptischer Greif aus rotem Granit. Wahlspruch: Ex Oriente Lux.“[6]
Ehrung
In Graz ist die Prokesch-Osten-Gasse nach ihm benannt.
Schriften
Werke zu Lebzeiten
1823: Über den Feldzug 1814. Wien
1823: Denkwürdigkeiten aus dem Leben des Feldmarschalls Fürsten Carl zu Schwarzenberg. Wien: Carl Schaumburg et Comp. (archive ≈ Google; BSB)
Neuausgabe 1861: Denkwürdigkeiten aus dem Leben des Feldmarschalls Fürsten Carl zu Schwarzenberg. Neue Ausgabe. Wien: Wilhelm Braumüller (archive)
1829–1831: Erinnerungen aus Aegypten und Kleinasien. Wien: Carl Armbruster
1831: Das Land zwischen den Katarakten des Nil. Mit einer Karte, astronomisch bestimmt und aufgenommen im Jahre 1827. Wien: Carl Gerold (archive ≈ Google)
Dänische Ausgabe 1839: Reise i det hellige Land. Üb. Christian Winther. Kopenhagen: H.C. Klein (archive)
1836–1837: Denkwürdigkeiten und Erinnerungen aus dem Orient, vom Ritter Prokesch von Osten. Aus Jul. Schnellers Nachlaß herausgegeben von Ernst Münch. Stuttgart: Hallberger
Band VII (1844): Krieg des Vizekönigs von Aegypten Mohammed Ali's gegen den Sultan. In den Jahren 1831–1833 (archive)
1867: Geschichte des Abfalls der Griechen vom Türkischen Reiche im Jahre 1821 und der Gründung des Hellenischen Königreiches. Aus diplomatischem Standpuncte. Wien: Carl Gerold
Griechische Ausgabe in zwei Bänden, Athen: 1868–1869 (Hathitrust)
1877: Mehmed Ali, Vize-König von Aegypten. Aus meinem Tagebuche 1826–1841. Wien: Wilhelm Braumüller (archive ≈ Google)
Briefe und Dokumente aus dem Nachlass
1832: Schreiben an *** über den Herzog von Reichstadt. Freiburg i. Br.: Herder (Digitalisat)
1834: Briefwechsel zwischen Julius Schneller und seinem Pflegesohne Prokesch. Aus Schnellers hinterlassenen Papieren herausgegeben von Ernst Münch. Leipzig – Stuttgart: J. Scheible (Google)
1878: Mein Verhältniß zum Herzog von Reichstadt. Zwei Sendungen nach Italien. Selbstbiographische Aufsätze aus dem Nachlaß des Grafen Prokesch-Osten (…). Stuttgart: W. Spemann (archive ≈ Google)
Französische Ausgabe 1878: Mes relations avec le duc de Reichstadt. Mémoire posthume traduit de l'allemand. Paris: E. Plon et Cie. (Hathitrust)
1881: Aus dem Nachlasse des Grafen Prokesch-Osten, k.k. österr. Botschafter und Feldzeugmeister. Briefwechsel mit Herrn von Gentz und Fürsten Metternich.[7] 2 Bände. Wien: Carl Gerold’s Sohn (archive: Band I – Band II)
1896: Aus den Briefen des Grafen Prokesch von Osten, k.u.k. österr. Botschafters und Feldzeugmeisters (1849–1855). Wien: Carl Gerold’s Sohn (archive)
1898: Briefwechsel zwischen Erzherzog Johann Baptist von Oesterreich und Anton Graf v. Prokesch-Osten: nebst Auszügen aus den Tagebuchblättern des Erzherzogs Johann über seinen Aufenthalt in Athen im November 1837. Stuttgart: A. Bonz
1909: Aus den Tagebüchern des Grafen Prokesch von Osten, k. und k. österr.-ungar. Botschafters und Feldzeugmeisters. 1830–1834.[7] Wien. Christoph Reißer's Söhne (archive)
Daniel Bertsch: Anton Prokesch von Osten (1795–1876). Ein Diplomat Österreichs in Athen und an der Hohen Pforte. Beiträge zur Wahrnehmung des Orients im Europa des 19. Jahrhunderts. Diss. Münster (Westfalen) 2002. Oldenbourg, München 2005 (= Südosteuropäische Arbeiten, 123). ISBN 3-486-57737-9.
Franz Gall: Österreichische Wappenkunde. Handbuch der Wappenwissenschaft. 2. Auflage, Wien 1992, S. 339.
Ariadni Moutafidou: „Anton Graf Prokesch von Osten: Philhellenismus und absolutistisches Staatsbild“. In: Evangelos Konstantinou (Hg.): Das Bild Griechenlands im Spiegel der Völker (17. bis 20. Jahrhundert). Peter Lang, Frankfurt am Main 2008 (= Philhellenische Studien 14), S. 203–218.
Muhammad as Sayyid Omar: Anton Prokesch-Osten. Ein österreichischer Diplomat im Orient. Peter Lang, Frankfurt am Main 1993.
Karl Peitler, Elisabeth Trinkl (Hrsg.): Anton Prokesch von Osten. Sammler, Gelehrter und Vermittler zwischen den Kulturen.Veröffentlichungen des Instituts für Archäologie der Karl-Franzens-Universität Graz 17. Akten des Internationalen Symposiums Graz, 20. bis 22. Oktober 2016. Graz 2019. ISBN 978-3-903179-21-9.
Georg Pfligersdorffer: „Und nur das Wandern ist mein Ziel“. Aus den griechischen Reise- und Zeitbildern des Grafen Prokesch von Osten. Graz 1978.
Hermann von Pückler-Muskau (= Verfasser der „Briefe eines Verstorbenen“): Südöstlicher Bildersaal. Zweiter Band: Griechische Leiden. Erster Theil. Stuttgart 1840. S. 256 f.; 287–299; 350–362. (Gespräche Pücklers mit Prokesch-Osten in Athen).
Brunhild Tanzmeister (Hrsg.): Anton Graf Prokesch-Osten und seine archäologischen Sammlungen. Altaussee 2021, ISBN 978-3-9504949-0-7.
↑Daniel Bertsch: „Anton Prokesch von Osten (1795-1876): ein Diplomat Österreichs in Athen und an der Hohen Pforte: Beiträge zur Wahrnehmung des Orients im Europa des 19. Jahrhunderts“, Oldenbourg Wissenschaftsverlag 2005, Seite 554
↑Zu Irene Kiesewetter siehe: Ingeborg Harer: Artikel „Irene Kiesewetter“. In: MUGI. Musikvermittlung und Genderforschung: Lexikon und multimediale Präsentationen, hg. von Beatrix Borchard und Nina Noeske, Hochschule für Musik und Theater Hamburg, 2003 ff. Stand vom 18. September 2018.
↑Anja Herold, Art. "Kiesewetter von Wiesenbrunn, Irene". In: Lexikon "Europäische Instrumentalistinnen des 18. und 19. Jahrhunderts, hrsg. von Freia Hoffmann, 2008.