Antarktische Seen

Satellitenbild zweier subglazialer Seen (90° East Lake und Sovetskaya Lake)[1][2] in der Antarktis (2004)

Antarktischen Seen sind entsprechende Gewässer auf dem Kontinent Antarktika und auf den vorgelagerten Inseln bzw. Inselgruppen.[3][4][5][6][7][8] Einige dieser Seen, sogenannte subglaziale Seen, sind unter tiefen Schichten von Gletschereis begraben.[3][4][5] Wenn ein Gletscher sehr dick ist, ist der Druck am Boden groß genug, sodass flüssiges Wasser bei Temperaturen unter 0 °C existieren kann (wo Wasser bei normalem Luftdruck gefrieren würde). Das Eis über dem Wostoksee, dem größten antarktischen See, ist beispielsweise etwa 3,7 km dick. Wissenschaftler, die die Seen durch sorgfältige Bohrungen und Wasserproben untersuchen, halten es für möglich, dass die Bedingungen dort den subglazialen Ozeanen ähneln wie man sie beispielsweise auf dem Jupitermond Europa (aber auch anderen Jupiter- oder Saturnmonden) vermutet.[4][5] Im Jahr 2018 veröffentlichten Forscher des Alfred-Wegener-Instituts (Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung) eine Studie, die eine frühere Schätzung von fast 400 antarktischen subglazialen Seen in Frage stellt. Sie forderten seismische Untersuchungen vor Ort oder weitere Bohrungen, um eine zuverlässigere Zahl zu ermitteln.[9]

Im Juli 2021 wurde eine weitere Untersuchung veröffentlicht, die neben der Entdeckung weiterer subglazialer Seen auch ein Netzwerk aufdeckte, über das viele der Seen miteinander in Verbindung stehen, und offenbar doch auch von Schmelzwasser gespeist werden. Zu diesem Zeitpunkt waren in der Antarktis insgesamt 130 subglaziale Seen dokumentiert.[10] Diese Annahme wurde 2022 durch die Entdeckung eines solchen sublgazialen Netzwerks von Aquifern beim Lake Whillans bestätigt. Es war zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar, inwieweit dieses Ökosystem im Austausch mit der Außenwelt steht, möglicherweise ist die Verbindung auch nur eine „Einbahnstraße“ (siehe Blood Falls).[11]

In den relativ kleinen eisfreien Regionen der Antarktis gibt es Oberflächenseen, die in ihrer Zahl den größten Teil der bekannten antarktischen Seen einnehmen.

Auswahl antarktischer Seen

Auswahl antarktischer Seen
Name Fläche Tiefe Volumen wie tief unter der Oberfläche Bemerkungen
90° East Lake 2.000 km² 900 – 3.000 m alias 90° E Lake, zweitgrößter bekannter subglazialer See in der Antarktis[1][2]
Ablation Lake 117 m Der Eisstausee enthält sowohl salzhaltige als auch Süßwasserschichten.[12][13]
Ace Lake 9 m Ein meromiktischer Salzwassersee 8,8 m über dem Meeresspiegel
Algae Lake 14,8 km² > 137 m Ein eisfreier See im eisfreien Hochland der Bunger Hills.
Amphitheatre Lake Ein Oberflächensee 618 m über dem Meeresspiegel.
Beaver Lake 110 km² Ein Oberflächensee in der Nähe eines „stagnierenden“ Gletschers, 162 m über dem Meeresspiegel. Sein Name leitet sich von dem STOL-Flugzeug de Havilland Canada DHC-2 Beaver ab, das zur Versorgung eines nahegelegenen Stützpunktes eingesetzt wurde, nicht von der Anwesenheit tatsächlicher Biber (Castoridae).
Boeckella-See Ein Oberflächensee 98 m über dem Meeresspiegel, benannt nach den dort lebenden Ruderfußkrebsen der Gattung Boeckella.
Burton Lake 1,35 km² 18,3 m 9.690.000  Eine meromiktische und salzhaltige Lagune.
Bonneysee 3,32 km²+0,99 km² 40 m 64.800.000 m³ mehrere m Ständig mit einer mehrere Meter dicken Eisschicht bedeckt, er besteht aus einem größeren östlichen und einem kleineren westlichen Becken.
Concordia-Subglazialsee 900 km² 250 m 200 km³ km Ein großer subglazialer See, der 1999 entdeckt wurde, 800 bis 900 m unter dem Meeresspiegel.[14] Im Jahr 2009 war er der zweitgrößte subglaziale See, der untersucht wurde.[15]
Conway Lake[16][10] alias Conway Subglacial Lake (SLC),[17] subglazial
Lower Conway Lake[10] alias Lower Conway Subglacial Lake (LSLC), subglazial
Don-Juan-See 0,03 km² 0,91 m 3.000 m³ Hypersaliner See mit einem Salzgehalt von 33,8 bis über 40 %, friert auch bei −30 °C bis −50 °C nicht zu, 116 , nach anderen Angaben 151 m über dem Meeresspiegel
Lake Ellsworth[16] 28,9 km² 150 m(?) 1,37 km³ 3.400 m 1400 m unter dem Meeresspiegel
Engelhardt Lake 339 km² alias Subglacial Lake Engelhardt (SLE),[17] subglazial
Enigma Lake 339 km² ≧ 12 m 9 m zw. den Gletschern Amorphous and Boulder Clay, mittlere Temp. -14 °C, subglazial[18]
Fryxellsee 7,8 km² 20 m 25.200.000 m³ Meromiktischer Oberflächensee im Taylor Valley, einem Trockental
Forlidas Pond ~7.900 m² Dieser kleine Teich ist der einzige in den nördlichen Pensacola Mountains.[19]
Hoaresee 1,94 km² 34 m 4 m Der See ist das ganze Jahr über mit Eis bedeckt, dessen Dicke im Durchschnitt etwa 4 m beträgt.
Hodgson-See 0,15 km² 93,4 m 3,6–4,0 m Die heutzutage nur wenige Meter dicke Eisschicht hat ihn seit Jahrtausenden von der Außenwelt isoliert, in der letzten Eiszeit vor 10.500 Jahren lag er unter einer Eisdecke von mindestens 465 m Dicke.
Mercer Lake[16][10][11] 160 km² 10–15 m 1.087 m[20] alias Mercer Subglacial Lake (SLM),[17] subglazial
Lower Mercer Lake[10] alias Lower Mercer Subglacial Lake (LSLM), subglazial
Organic Lake 0,15 km² 7,5 m Meromiktischer Oberflächensee 2 m über dem Meeresspiegel
Pendant Lake 21 m Meromiktischer Oberflächensee 2,9 m über dem Meeresspiegel
PEL Lake 328±1 km² 21 m 3.603 m alias Lake Zhongshan. Subglazialer See in Princess Elizabeth Land[21][22][23]
Radok Lake 362 m Tiefster bekannter Oberflächensee auf dem antarktischen Kontinent
Lake Snow Eagle 370 km² >200 m ∼21 km³ 3,2 km 42 km Länge, 15 km Breite, Ostantarktis, subglazial[24]
Sovetskaya Lake 1.600 km² ~900 m ~2,5 km Unter der Sowjetskaja-Station.[1][2]
Vandasee 5,2 km² 75 m 0,16 km³ Hypersaliner meromiktischer Oberflächensee
Tschadsee 0,15 km² 5,5 m 85 m über dem Meeresspiegel
Lake Vida 21 m Hypersaliner See; das permanente Oberflächeneis auf dem See ist das dickste nicht-glaziale Eis der Erde.
Lake Whillans[16][17][11] 60 km² 800 m alias Subglacial Lake Whillans (SLW),[17] Temperatur −0,49 °C.
Williams Lake 0,23 km² Meromiktischer Oberflächensee 3 m über dem Meeresspiegel
Wostoksee 12.500 km² 1.200 m 5.400 km³ 3.700–4.100 m Süßwassersee, größter bekannter subglazialer See in der Antarktis

Eine Karte subglazialer Seen, auch der Antarktis, findet sich bei Livingstone (2022) und auf sci-news (2022).[22]

Einzelnachweise

  1. a b c Ken Kostel: Two New Lakes Found Beneath Antarctic Ice Sheet. Lamont-Doherty Earth Observator, Januar 2006; (englisch).
  2. a b c Robin Bell, Michael Studinger et al.: Tectonically controlled subglacial lakes on the flanks of the Gamburtsev Subglacial Mountains, East Antarctica, in: AGU Geophysical Research Letters, 25. Januar 2006, doi:10.1029/2005GL025207
  3. a b Appeal to the Duma on Lake Vostok, Antarctica. In: Antarctic and Southern Ocean Coalition. 14. April 2008, archiviert vom Original am 4. März 2016; abgerufen am 10. Februar 2011 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.asoc.org
  4. a b c Quirin Schiermeier: Teams set for first taste of Antarctic lakes. In: Nature. 23. März 2010, abgerufen am 6. Dezember 2018: „Over the past 40 years, radar imagery has revealed around 150 freshwater lakes of various sizes and ages beneath the massive Antarctic ice sheet. Some have been isolated from the outside world for millions of years, raising the possibility that they hold unique life forms. The dark, nutrient-deprived environment of the lakes could resemble conditions on Jupiter's moon Europa, which is assumed to hold a large ocean beneath its frozen surface.“
  5. a b c Peter Aldhous: First samples of Antarctic lake reveal thriving life. In: NewScientist. 20. August 2014, abgerufen am 6. Dezember 2018: „Antarctica is home to about 400 subglacial lakes, many of which are linked in drainage basins. Priscu calls it 'the planet’s largest wetland'.“
  6. Lakes Drain under Antarctic Ice Sheet. In: NASA. Abgerufen am 6. Dezember 2018.
  7. Bethan Davies: Glacier hydrology. In: Antarctic Glaciers. 11. Juni 2018, abgerufen am 6. Dezember 2018: „Beneath the Antarctic Ice Sheet, these subglacial drainage channels are connected to numerous subglacial lakes.“
  8. Becky Oskin: Cold, Dark and Alive! Life Discovered in Buried Antarctic Lake. In: LiveScience. 20. August 2014, abgerufen am 6. Dezember 2018: „Nearly 4,000 species of microbes inhabit Lake Whillans, which lies beneath 2,625 feet (800 meters) of ice in West Antarctica, researchers report today (Aug. 20) in the journal Nature. These are the first organisms ever retrieved from a subglacial Antarctic lake.“
  9. Far fewer lakes below the East Antarctic Ice Sheet than previously believed. In: ScienceDaily. 7. November 2018, abgerufen am 6. Dezember 2018: „Thanks to our data, we can now fill in some of the blank spots on the map of Antarctica." However, when it comes to large lakes -- they had expected to find ones as large as Lake Constance -- the scientists came up empty-handed, even though they analysed the radar data for every known lake criterion.“
  10. a b c d e M. R. Siegfried, H. A. Fricker: Illuminating active subglacial lake processes with ICESat-2 laser altimetry. In: Geophysical Research Letters, 7 July 2021, e2020GL091089, doi:10.1029/2020GL091089. Along with:
  11. a b c Chloe D. Gustafson, Kerry Key, Matthew R. Siegfried, Paul Winberry, Helen A. Fricker, Ryan A. Venturelli, Alexander B. Michaud: A dynamic saline groundwater system mapped beneath an Antarctic ice stream. In: Science, Band 376, Nr. 6593, 5. Mai 2022, S. 640-644; doi:10.1126/science.abm3301. Dazu:
  12. R. B. Heywood: A Limnological survey of the Ablation Point area, Alexander Island, Antarctica. In: Philosophical Transactions of the Royal Society of London. Band 279, Nr. 963, 26. Mai 1977, S. 39–54, doi:10.1098/rstb.1977.0070, bibcode:1977RSPTB.279...39H: „Two of the lakes are unusual in that they are in contact with seawater from George VI Sound which is covered by an ice shelf, 100-500 m thick, and which separates Alexander Island from the Antarctic mainland.“
  13. Antarctica Detail: Ablation Lake. In: US Geographic Service. Abgerufen am 6. Dezember 2018: „A pro-glacial tidal lake in Ablation Valley, Alexander Island, with stratified saline and fresh water and depths exceeding 117 meters. The feature is dammed in the upper portion by ice that pushes into the lake from the adjacent George VI Ice Shelf. Named after the valley following British Antarctic Survey (BAS) limnological research from 1973.“
  14. Antarctica Detail: Concordia Subglacial Lake. In: US Geographic Service. Abgerufen am 6. Dezember 2018: „First located in Dec. 1999. The name derives from the nearby Italian Concordia research station.“
  15. Malte Thoma, Klaus Grosfeld, Irina Filina, Christoph Mayer: Modelling flow and accreted ice in subglacial Lake Concordia, Antarctica, Author links open overlay panelb. In: ScienceDirect. 30. August 2009, doi:10.1016/j.epsl.2009.06.037: „This paper focuses on Lake Concordia — the second largest subglacial lake in Antarctica over which substantial geophysical data has been collected. This lake is covered by about 4000 m ice and is located near Dome C.“
  16. a b c d Johanna Laybourn-Parry, Jemma Wadham: Antarctic Lakes. 2015, ISBN 978-0-19-967049-9, doi:10.1002/lob.10025.
  17. a b c d e Andrew T. Fisher, Kenneth D. Mankoff, Slawek Tulaczyk, Scott W. Tyler, Neil Foley: High geothermal heat flux measured below the West Antarctic Ice Sheet, in: Science Advances, Band 1, Nr. 6, Geothermal heat flux in Antarctica, e1500093-e1500093, Juli 2015, doi:10.1126/sciadv.1500093, insbes. Fig. 1.
  18. Francesco Smedile, Violetta La Cono, Stefano Urbini, Giovanni Benedetti, Gina La Spada, Francesca Crisafi, Maurizio Azzaro, Nunziatina Porcino, Stefano Fazi, Stefano Amalfitano, Franco Tassi, Orlando Vaselli, Stefania Venturi, Michael T. Madigan, John E. Hallsworth, Michail M. Yakimov: The perennially ice-covered Lake Enigma, Antarctica supports unique microbial communities. In: Nature Communications Earth & Environment, Band 5, Nr. 741, 3. Dezember 2024; doi:10.1038/s43247-024-01842-5 (englisch). Dazu:
  19. Antarctica Detail: Forlidas Pond. In: US Geographic Service. Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 6. Dezember 2018: „The only pond in the northern Pensacola Mountains, it is of much interest to biologists.“
  20. Christina L. Davis, Ryan A. Venturelli, Alexander B. Michaud, Jon R. Hawkings, Amanda M. Achberger, Trista J. Vick-Majors, Brad E. Rosenheim, John E. Dore, August Steigmeyer, Mark L. Skidmore, Joel D. Barker, Liane G. Benning, Matthew R. Siegfried, John C. Priscu, Brent C. Christneret al.: Biogeochemical and historical drivers of microbial community composition and structure in sediments from Mercer Subglacial Lake, West Antarctica. In: Nature: ISME Communications, Band 3, Nr. 8, 30. Januar 2023; doi:10.1038/s43705-023-00216-w.
  21. Xiangbin Cui, Shinan Lang, Jingxue Guo, Bo Sun: Detecting and Searching for subglacial lakes through airborne radio-echo sounding in Princess Elizabeth Land (PEL), Antarctica. E3S Web of Conferences 163:04002, Januar 2020, doi:10.1051/e3sconf/202016304002 (Online).
  22. a b Stephen J. Livingstone, Yan Li, Anja Rutishauser, Rebecca J. Sanderson, Kate Winter, Jill A. Mikucki, Helgi Björnsson, Jade S. Bowling, Winnie Chu, Christine F. Dow, Helen A. Fricker, Malcolm McMillan, Felix S. L. Ng, Neil Ross, Martin J. Siegert, Matthew Siegfried, Andrew J. Sole: Subglacial lakes and their changing role in a warming climate. In: Nature Reviews Earth & Environment, 4. Januar 2022, doi:10.1038/s43017-021-00246-9. Mit Correction. Dazu: Scientists Compile First Global Inventory of Subglacial Lakes. Auf sci-news vom 19. Januar 2022.
  23. Lin Li, Aiguo Zhao, Tiantian Feng, Xiangbin Cui, Lu An, Ben Xu, Shinan Lang, Liwen Jing, T. Hao, Jingxue Guo, Bo Sun, Rongxing Li: New large subglacial lake in Princess Elizabeth Land, East Antarctica, detected by airborne geophysical observations. In: The Cryosphere Discussions, doi:10.5194/tc-2021-332, ResearchGate, 3. Dezember 2021 (PrePrint)
  24. Shuai Yan, Donald D. Blankenship, Jamin S. Greenbaum, Duncan A. Young, Lin Li, Anja Rutishauser, Jingxue Guo, Jason L. Roberts, Tas D. van Ommen, Martin J. Siegert, Bo Sun: A newly discovered subglacial lake in East Antarctica likely hosts a valuable sedimentary record of ice and climate change. In: GeoScienceWorld: Geology, 9. Mai 2022; doi:10.1130/G50009.1, PDF. Dazu: