AmpelomixiaAmpelomixia (griech. ἀμπελομιξία; aus ἄμπελος, ámpelos, „Weinrebe“ und μείγνυμι, meígnymi, „vereinigen“) ist ein spätgriechischer Begriff, der satirisch den Geschlechtsverkehr mit Weinreben bezeichnet. Er tritt erstmals im 2. Jahrhundert n. Chr. beim Schriftsteller Lukian von Samosata auf. EtymologieDie Bezeichnung ἀμπελομιξία, ampelomixía ist ein griechisches Kompositum zusammengesetzt aus den Wörtern ἄμπελος ámpelos (Weinstock, Rebe) und μιξία, mixía (die Vermischung). Letzteres ist abgeleitet vom Verb μείγνυμι, meígnymi (mischen; (sich) vereinigen) und bedeutet auch ganz speziell „Begattung“, „Geschlechtsverkehr“. Also lässt sich ampelomixia mit „Weinrebenbegattung“ übersetzen. Ampelomixia bei LukianDer Ausdruck ampelomixía findet sich einmal (hapax legomenon) im Werk Wahre Geschichten, (ἀληθῶν διηγημάτων, alēthōn diēgēmátōn) des antiken Schriftstellers Lukian von Samosata (ca. 120–180 n. Chr.). Bei den Wahren Geschichten handelt es sich um einen fiktiven Reisebericht, der Homers Odyssee und den hellenistischen Abenteuerroman parodiert. Mit zahlreichen absurden und komischen Lügengeschichten stellt Lukian den Seemannsgarn-Charakter dieser beliebten Erzählgattungen bloß. Im Verlauf seiner Segelreise will der Ich-Erzähler unter anderem eine Insel mit einem Fluss besucht haben, in dem Wein statt Wasser fließt. Bei der Erkundung der Insel stoßen der Erzähler und seine Gefährten auf Mischwesen, die halb Frauen, halb Weinreben sind:
Die Gefährten des Erzählers fühlen sich von den Mischwesen angezogen und vollziehen mit ihnen den Geschlechtsakt. Dabei wachsen sie jedoch fest und verwandeln sich selbst in Weinreben:
Der Ausdruck ampelomixía fällt, als der Erzähler fluchtartig zu seinem Schiff zurückgekehrt ist und den dort verbliebenen Gefährten von den Vorkommnissen berichtet:
RezeptionsgeschichteDie Behandlung der Lukian-Stelle in der Altphilologie ist ein Spiegel der jeweiligen Moralvorstellungen. In vielen Textausgaben, vor allem solchen, die ad usum Delphini bestimmt sind, ist die entsprechende Stelle gekürzt, da sie als moralisch anstößig empfunden wurde. Bei Übertragungen in moderne Sprachen zeigen die Übersetzer mehr oder weniger Schamgefühl: Christoph Martin Wieland gibt Ende des 18. Jahrhunderts in seiner Lukian-Übersetzung den Begriff der Ampelomixia recht unumwunden mit „Umarmung der Reb-Weiber“ wieder.[1] Die englische Übersetzung der Brüder Fowler von 1905 spricht mit britischem Understatement von experiment in viticulture.[2] In Wilhelm Gemolls Standardwörterbuch von 1908 ist das Stichwort ampelomixía aufgeführt, jedoch mit der verharmlosenden Übersetzung „Verwandlung in einen Weinstock“.[3] Hier wird die Mehrdeutigkeit der „Vermischung von Menschen mit Weinreben“ (im Sinne der Begattung wie im Sinne der Verwandlung), die in dem Wort -μιξία (-mixía) angelegt ist, ebenso vereindeutigt wie in Wielands Übertragung. Quellen
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