Nach dem Besuch der Volksschule in Pichl trat Brandstetter 1949 in das bischöfliche Knabenseminar Kollegium Petrinum in Linz-Urfahr ein. Nach Relegation, die 1951 erfolgte, wechselte er auf das Gymnasium in Wels (Dr.-Schauer-Straße) in der zweitgrößten oberösterreichischen Stadt, wo er 1957 die Reifeprüfung mit Auszeichnung ablegte.
Vom Wintersemester 1957/58 bis zum Sommersemester 1961 studierte Brandstetter an der Universität Wien („Alma Mater Rudolfina“) Germanistik und Geschichte. 1962 schloss er sein Studium bei Doktorvater Eberhard Kranzmayer mit der Dissertation zum Thema Laut- und bedeutungskundliche Untersuchungen an der Mundart von Pichl bei Wels ab.
Von 1962 an war er an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken wissenschaftlicher Assistent für Altgermanistik und Sprachwissenschaft. 1970 habilitierte er sich in Saarbrücken mit dem Thema Prosaauflösung. Studien zur Rezeption der höfischen Epik im frühneuhochdeutschen Prosaroman. 1971 wurde er in Saarbrücken zum Professor an der Universität des Saarlandes ernannt und war im Wintersemester 1971/72 Gastprofessor an der Universität Salzburg. 1974 wurde Brandstetter auf eine Universitätsprofessur für Ältere deutsche Sprache und Literatur an der Universität Klagenfurt berufen, die er bis 2007 ausübte. Auch seine Pension verbringt er in Klagenfurt.
Brandstetter ist verheiratet mit der Tochter eines Albaners, der als Flüchtling nach dem Zweiten Weltkrieg nach Österreich kam.[1]
Ein „später“ Schriftsteller
Als Schriftsteller begann er erst relativ spät zu wirken, wurde aber nach den ersten Förderpreisen (1973 Oberösterreich, 1975 Kärnten) rasch bekannt. 1979 war er (nur für dieses Jahr) Jurymitglied des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs.
Er liebt Sprachspiele und geht seinen Themen und Erinnerungen im Detail und in plastischer Sprache nach, aber auch vielen Wörtern im humanistisch-etymologischen Sinn auf den Grund. Man sagt ihm nach, dass er trotz des flüssigen, oft liebevollen Stils kaum ein Detail dem Zufall überlässt. Auf spezielle Art zeigt sich das in der subtilen Wahl seiner Titel.
Eine Rezension seines „zärtlichen Eisenkeils“ (Eisvogel; Roman 2000)[2] bezeichnet ihn als konservativen Autor der „alten Schule“, als Ästhet, der sich zuweilen auf verlorenem Posten fühlt, aber seine Umgebung doch mit kritischem Wohlwollen betrachtet – und kommentiert. Er konstatiert an sich selbst die Toleranz des Ältergewordenen, nicht ohne seine teils selbst eingenommene, teils ihm zugeschriebene Position noch einmal zu überdenken.
Anlässlich seiner Ehrungen rekapitulierte er seine Stellung in der österreichisch-deutschen Literatur und seine Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu anderen Autoren. Vergleicht ihn aber die Kritik mit Peter Handke oder gar Thomas Bernhard, schiebt er dergleichen zur Seite, doch solle man ihn deswegen nicht allzu bescheiden nennen.
Die oben erwähnte Rezension meint, Brandstetter habe trotz seiner kaum verhohlenen Ablehnung doch etwas mit Thomas Bernhard gemeinsam. Sie gelten beide als Geschichtenzerstörer. Wobei […] eher der Geist von Claudio Magris spürbar ist – im Sinne literarischer Essays oder essayistischer Literatur, deren Grundlagen auf mitteleuropäischer Geistesgeschichte beruhen.
Werkverzeichnis
Bücher, Romane
Gewissenserforschung. Mit Radierungen von Friedrich Schmitt. Beck, Paris/Zweibrücken 1969.
Über Untermieter. Linolschnitte von Axel Hertenstein. Harlekin Presse, Pforzheim 1970.
Prosaauflösung – Studien zur Rezeption der höfischen Epik im frühneuhochdeutschen Prosaroman. Athenäum, Frankfurt 1971.
Vom Schnee der vergangenen Jahre – Winter- und Weihnachtsgeschichten. Residenz-Verlag, St. Pölten 1979, ISBN 3-7017-0223-3. (Neuauflage: 2009, ISBN 978-3-7017-1521-3)
Von den Halbschuhen der Flachländer und der Majestät der Alpen. Frühe Prosa. 1980, ISBN 3-7017-0258-6.
Die Mühle. Roman. Residenz-Verlag, Salzburg / Wien 1981, ISBN 3-7017-0273-X.
Tristan und Isolde: Prosaroman. Nach dem ältesten Druck aus Augsburg vom Jahre 1484, versehen mit den Lesarten des 2. Augsburger Druckes aus dem Jahre 1498 und eines Wormser Druckes unbekannten Datums. Niemeyer, Tübingen 1966.
2018 Goldene Medaille der Landeshauptstadt Klagenfurt
2019 Verdienstkreuz des Landes Oberösterreich für Kunst und Kultur[4]
Literatur
Siegmund Geisler: Der Erzähler Alois Brandstetter. Röhrig, St. Ingbert 1992, ISBN 3-924555-82-6.
Egyd Gstättner (Hrsg.): Vom Manne aus Pichl. Über Alois Brandstetter. Residenz-Verlag, Salzburg / Wien 1998, ISBN 3-7017-1120-8.
Hans-Jürgen Schrader: Lob der mittleren Höhen. Alois Brandstetters „sanftes Gesetz“. In: Edward Białek und Jan Pacholski (Hrsg.): Von himmelschauenden Alpen zu mittleren Höhen. Bergmotive im deutschen und polnischen Kulturraum. Harrassowitz, Wiesbaden 2023, S. 29–63. [Gekürzte Vortragsversion unter dem Titel: Kleiner ist erstrebenswerter. Alois Brandstetters Poetologie der Entsteigerung und Entschleunigung – sein „sanftes Gesetz“. In: Österreich. Geschichte, Literatur, Geographie. Bd. 67 (2023), Heft 1, S. 4–21].