Der zwölfjährige Ali lebt mit seinen Freunden Kwita, Omar und Boubker am Hafen von Casablanca, nachdem er seiner Mutter, einer Prostituierten, davongelaufen ist. Ihren Lebensunterhalt bestreiten sie durch Kleinkriminalität wie Diebstähle. Um sich von ihrem harten Leben abzulenken, schnüffeln sie Klebstoff. Ali träumt von einem Leben als Seemann, er möchte, wie er es aus einem Kindermärchen kennt, eine Insel mit zwei Sonnen entdecken. Darum hat er sich mit seinen drei Freunden von einer größeren Kinderbande getrennt, die von dem älteren taubstummen und brutalen Dib geführt wird, um am Hafen zu leben, wo er die Bekanntschaft des Fischers Hamid macht, der sich um ihn kümmert und ihm einen Kompass schenkt. Als Dib die vier mit Gewalt zur Rückkehr zu zwingen versucht, wird Ali in der Auseinandersetzung tödlich von einem Stein am Kopf getroffen.
Kwita, Alis bester Freund, Omar und Boubker verstecken die Leiche in einem Kellerloch am Hafen. Durch Alis Träume von einer besseren Welt, symbolisiert durch die Insel mit zwei Sonnen, in Freundschaft verbunden, beschließen sie, ihn würdig zu bestatten und das Geld für eine teure traditionelle muslimische Bestattung aufzubringen. Zudem nehmen sie Kontakt zu Alis Mutter auf, und Omar, der sie mehrfach besucht, erzählt ihr kurz vor dem Begräbnis vom Tod ihres Sohnes. Erschwert wird die Umsetzung ihres Vorhabens zusätzlich durch weitere Auseinandersetzungen mit Dib, der die jüngeren Kinder seiner Bande durch seine gezielte Brutalität als auch sexuelle Übergriffe gefügig hält, die auch Boubker erleidet, als Dib ihn in einem ausrangierten Bus antrifft. Letztendlich gelingt es den Jungen, unterstützt durch den Fischer Hamid, der einen Sarg in Form eines Bootes für Ali zimmert, ihr Vorhaben umzusetzen, ihn „wie einen Prinzen“ zu bestatten.[2]
Produktion
Für seinen Film begleitete Nabil Ayouch knapp zwei Jahre lang Straßenkinder in Casablanca, die durch die nichtstaatliche Hilfsorganisation Bayti betreut wurden, die versucht, Straßenkinder wieder in ihre Familien zurückzuführen und zum Schulbesuch zu bewegen. Erst nach dieser Zeit waren die Kinder bereit, als Laiendarsteller in seinem Film mitzuwirken, der aus der Perspektive obdachloser Kinder und Jugendlicher erzählt wird. Teilweise verzögerten sich die Dreharbeiten durch Unfälle oder unangekündigte Abwesenheiten einzelner Darsteller.[3]
Dem harten von Gewalt, Drogen, Kriminalität, Obdachlosigkeit, Missbrauch und Flucht vor der Polizei geprägten Leben auf der Straße setzt Ayouch die Hoffnungen und Träume der Kinder entgegen, die durch animierte Kreide-Sequenzen dargestellt werden, etwa in Alis und Kwitas Tagträumen. Ein gezeichneter Kreidegrundriss teilt den Betonboden, auf dem Ali und seine Freunde am Hafen schlafen, in Zimmer einer Wohnung ein und symbolisiert den Wunsch der Kinder nach einem Zuhause und Normalität. Die zwei Sonnen aus Alis Märchen, die über einer Insel scheinen, stehen für eine friedliche, hoffnungsvolle, warme Zukunft. Ursprünglich Alis Traum von einem besseren Leben, wird er nach dessen Tod von seinem Freund Kwita adaptiert und weitergeführt.[4]
Mit 500.000 verkauften Eintrittskarten in Marokko zählt der Film zu den erfolgreichsten Produktionen des Landes. Produziert wurde er von Playtime (Frankreich), TF1 International (Frankreich), Ali n' Productions (Marokko), Alexis Films (Belgien) und Ace Editing (Belgien). In den USA wurde der Film über Arab Film Distribution und Film Movement vertrieben.[5]
Kritiken
„Mit diesem Film, der in seinem schonungslosen Realismus bei gleichzeitigem Blick für die Träume und Fantasien der Protagonisten an das Kino des Neorealismus erinnert, ist es Ayouch eindrucksvoll gelungen, den gesellschaftlich geächteten Straßenkindern ihre menschliche Würde zurückzugeben – und das ohne moralischen Zeigefinger und mit viel Gespür für die Kraft der Bilder.“
– Lasse Ole Hempel, Frankfurter Rundschau vom 14. März 2002
„Ayouchs Laiendarsteller überzeugen durch Authentizität. Sie sind wirklich Kinder der Straße. (...) Trotz der harten Realität auf der Straße (...) haben die Jungs das Träumen nicht verlernt.“
– Nana A. T. Rebhan, arte TV
Auszeichnungen
Der Film wurde mit 44 Preisen und drei Nominierungen vielfach international ausgezeichnet.
Festival
Jahr
Land
Auszeichnung
Person
Festival International de Film Francophone de Namur
„For the emotional and intense portrayal of street kids in the outskirs of Casablanca, merging reality and dreams in a very cinematic way.“
Nabil Ayouch
Hauptpreis des internationalen Wettbewerbs Golden Crow Pheasant
„... sensitive portrayal of the life of a group of Moroccan children, indemonstrable spirit, excellent use of cinematic technique, scripting, editing, music and sound, and skilful handling of children.“
Milan African Film Festival
2001
Italien
3. Platz als bester Film
Nabil Ayouch
St. Louis International Film Festival
2002
USA
Interfaith Award
Nabil Ayouch
Black Movie Film Festival
2002
Schweiz
Publikumspreis
Nabil Ayouch
Buster International Children’s Film Festival
2002
Dänemark
Buster's Grand Prix
Nabil Ayouch
Literatur
Frauke Vilmar: Die Wirklichkeit der Träume: Straßenkinder am Beispiel von Ali Zaoua. Bachelor-Arbeit, Universität Mannheim, 2004
Andrea Khalil (Hrsg.): North African Cinema in a Global Context: Through the Lens of Diaspora. Routledge, 2008, ISBN 978-0-415-46032-3, S. 93–102
Roy Armes (Hrsg.): Postcolonial Images: Studies in North African Film. Indiana University Press, 2005, ISBN 978-0-253-21744-8, S. 171–176