Adele Duttweiler-BertschiAdele Duttweiler-Bertschi (* 29. Dezember 1892 in Horgen; † 27. Mai 1990 in Rüschlikon) war seit 1913 die Ehefrau des Migros-Gründers und Politikers Gottlieb Duttweiler und als starke Partnerin im Hintergrund massgeblich an seiner Karriere beteiligt; sie war die wichtigste Beraterin ihres Ehemannes; er besprach mit ihr jeweils alle strategischen Entscheidungen, bevor er sich endgültig festlegte. BiografieIhre Vorfahren stammten aus Ammerswil im Kanton Aargau. Vater Samuel Bertschi (1821–1901) wanderte in den 1860er Jahren in die USA aus, wo er einen Bandwebereibetrieb mit 250 Arbeitern aufbaute. Nach dem Tod seiner ersten Ehefrau verkaufte er die Fabrik und kehrte wohlhabend in die Schweiz zurück. 1882 heiratete er die 40 Jahre jüngere Maria Antille aus Saint-Luc im Kanton Wallis. Sie liessen sich in Horgen nieder und hatten zusammen sechs Kinder, von denen drei im Kindesalter starben. Ein Sohn und zwei Töchter überlebten. Bei Adeles Geburt war der Vater bereits 71-jährig; er starb, als sie acht Jahre alt war.[1] Nach der Grundschule in Horgen absolvierte Adele das damals obligate Welschlandjahr für junge Frauen. Anschliessend war sie bei der ETH Zürich angestellt, wo sie in der Saatgutkontrollstelle arbeitete. Sie pendelte täglich mit dem Zug von Horgen nach Zürich zur Arbeit. Auf einer dieser Fahrten begegnete sie 1911 dem vier Jahre älteren Kaufmann Gottlieb Duttweiler aus Rüschlikon. Gottlieb berichtete seiner Mutter geradezu euphorisiert: «Heute habe ich ein Mädchen gesehen, die will ich zur Frau.»[2] Seinen Avancen gegenüber war sie lange Zeit abweisend, doch er warb hartnäckig um ihre Gunst. am 29. März 1913 fand schliesslich die Hochzeit in der Reformierten Kirche Horgen statt.[3] «Damit beginnt die ganz und gar ungewöhnliche, knapp ein halbes Jahrhundert dauernde Lebens- und Arbeitsgemeinschaft zweier Menschen, deren Werk das Gesicht der Schweiz im zwanzigsten Jahrhundert nachhaltig mitgeprägt hat.»[4] Adele Duttweiler-Bertschi war Partnerin ihres Mannes und starke Frau im Hintergrund, die seine Karriere massgeblich beeinflusste. Im Juli 1923 reiste das kinderlose Ehepaar nach Brasilien, wo der Ehemann Guthaben, die nach der Liquidation seiner Firma Pfister & Duttweiler noch ausstehend waren, eintreiben wollte. Kurz entschlossen kaufte er im Bundesstaat São Paulo eine Fazenda, um sich als Farmer zu versuchen. Adele fühlte sich von Anfang an unwohl, erkrankte und verlor viel Gewicht. Im Februar 1924 kehrte das Paar nach Zürich zurück. Dort stellte ein Arzt fest, dass sich das feuchtheisse Klima und die ungewohnte Ernährung negativ auf Adeles rote Blutkörperchen ausgewirkt hatten; auf längere Sicht wäre es zu einer Blutzersetzung gekommen.[5][6] Dieses Ereignis erwies sich im Nachhinein als glückliche Fügung, denn bald darauf hatte Gottlieb die Idee, ein Detailhandelsunternehmen aufzubauen. Er versprach ihr: «Wenn dieses Unternehmen nicht gelingt, fange ich nichts mehr Neues an.» 1925 erfolgte die Gründung der Migros, die sich über die Jahrzehnte zur Marktführerin entwickelte. Adele war die wichtigste Beraterin ihres Ehemannes und er besprach mit ihr jeweils alle strategische Entscheidungen, bevor er sich endgültig festlegte.[7] Als Gottlieb Duttweiler im Jahr 1940 die Absicht verkündete, die Migros in eine Genossenschaft umzuwandeln, unterstützte sie ihn ausdrücklich und liess sich auch nicht von den Direktoren umstimmen, die ihn von seinem Vorhaben abbringen wollten. Damit stimmte sie gewissermassen ihrer eigenen Enterbung zu. Sie machte nur die Auflage, dass eine der Produktionsbetriebe, die G. D. Produktion AG in Basel, zur Sicherheit in seinem Besitz blieb.[8] Am 29. Dezember 1950 veröffentlichten Gottlieb und Adele Duttweiler 15 gemeinsam erarbeitete Thesen. Als eine Art ideelles Vermächtnis legten sie darin die geistigen Ziele und die moralischen Werte der Migros fest.[9] Zwei Tage zuvor hatte das Ehepaar die Gottlieb und Adele Duttweiler-Stiftung gegründet, die sich insbesondere nach dem Ableben ihrer Stifter dafür einsetzen soll, «dass die von uns bei der Gründung der Migros-Genossenschaften bezweckten Ziele von diesen erhalten und weiterverfolgt werden». Unter anderem soll sie «alle Bestrebungen unterstützen, die im Sinn und Geist der Stifter auf eine freie Entfaltung des Menschen in einer freiheitlichen, aber von sozialer Verantwortung getragenen demokratischen Wirtschaft ausgehen».[10] Nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 1962 blieb sie eine Instanz in der Migros-Genossenschaft; alle Direktoren kamen zu ihr, um sie um Rat zu fragen. Als Präsidentin der Gottlieb und Adele Duttweiler-Stiftung wachte sie bis 1983 über die Einhaltung des Gedankenguts der Stifter.[11] Als sie 1990 starb, verlor die Migros-Familie ihre «Mutterfigur».[12] Sie war die Bauherrin der Klinik «Paracelsus Clinica al Ronc» in Castaneda, heute «Swiss Mountain Clinic».[13] EhrungenAdele Duttweiler-Bertschi wurde von ihrer Wohngemeinde Rüschlikon zur Ehrenbürgerin ernannt. Eine nach ihr benannte Stiftung vergibt alle zwei Jahre den Adele-Duttweiler-Preis für Personen und Organisationen, die sich im sozialen oder im pädagogischen Bereich besonders engagiert haben. Das Frachtschiff Adele der Reederei Zürich AG wurde nach ihr benannt, später wurde es in Sunadele umbenannt. Ebenfalls ihren Namen trägt eine gezüchtete Rose mit oranger Farbe; sie ist im Orangen Garten neben dem Park im Grüene in Rüschlikon zu finden.[14] Literatur
WeblinksCommons: Adele Duttweiler – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
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