In seinem autofiktionalem Debütroman Das Ende von Eddy (original: En finir avec Eddy Bellegueule) erzählt Louis vom Aufwachsen eines schwulen Jungen in der französischen Provinz und seinen scheiternden Versuchen sich anzupassen. Das Buch wurde in Frankreich zum Bestseller und verkaufte sich bisher rund 200.000 Mal. 2017 wurde der Roman von der Regisseurin Anne Fontaine unter dem Titel Marvin für die Leinwand adaptiert.[3]
Zusammen mit dem befreundeten französischen Philosophen und Soziologen Geoffroy de Lagasnerie verfasste Louis 2015 ein Manifest für eine intellektuelle und politische Gegenoffensive, das in der Zeitung Le Monde und später in der Los Angeles Review of Books und dem Sammelband Wie wir leben wollen erschien.[4][5][6] Sie wandten sich darin unter anderem gegen die europäische Austeritätspolitik, die Sozialistische Partei Frankreichs (PS) und die Aufmerksamkeit, die extrem rechten Meinungen im öffentlichen Diskurs zugestanden wird. Als Antwort darauf formulierten sie Prinzipien für ein neues Engagement linker Intellektueller.
In dem 2016 erschienenen Roman Im Herzen der Gewalt[7] schildert Louis eine Vergewaltigung durch einen Algerier, den er in einer Nacht kennenlernte, den anschließenden Mordversuch durch den Vergewaltiger und das eigene Bewusstsein, dadurch selbst kurzzeitig zum xenophoben Menschen zu werden. Es geht ihm jedoch bei diesem wie bei dem vorigen Buch um mehr:
„Ich wollte aus der Gewalt einen literarischen Ort machen, so wie Marguerite Duras das mit der Leidenschaft gemacht hat oder Claude Simon mit dem Krieg. Es geht um die Gewalt, die meist unsichtbar ist. Genau darin besteht die Kraft der Literatur: Mit Worten das Unsichtbare zu zeigen.“[8]
Im Mai 2017 veröffentlichte die New York Times anlässlich der Präsidentschaftswahl in Frankreich einen Kommentar von Édouard Louis unter dem Titel Why My Father Votes for Le Pen (deutsch: Warum mein Vater Le Pen wählt), in dem er schildert, warum sein der Arbeiterschicht entstammender Vater sich von den linken Parteien nicht mehr repräsentiert fühlt und daher die rechte Partei Front National (heute: Rassemblement National) unterstützt.[11] Diese Thematik greift Louis auch in seinem dritten, 2018 erschienenen Roman Wer hat meinen Vater umgebracht wieder auf. Darin schildert er den körperlichen Verfall seines Vaters, der nach einem Arbeitsunfall trotz Rückenschmerzen eine Stelle als Müllaufsammler annimmt, um seinen Anspruch auf Sozialleistungen nicht zu verlieren.[12] Der Roman wurde in Frankreich als Kritik der Sozial- und Sparpolitik unter Jacques Chirac, Nicolas Sarkozy und Emmanuel Macron, aber auch der sozialistischen Regierung unter François Hollande aufgefasst, welche Louis auch direkt angreift.[12][13][14] Auf das Motiv des durch schwere Arbeit gezeichneten Körpers bezog sich Louis auch in seiner Stellungnahme zur Gelbwestenbewegung, die im Dezember 2018 zuerst auf der französischen Website Les Inrockuptibles erschien und schließlich auch in deutscher Fassung auf ZEIT ONLINE veröffentlicht wurde.[15][16] Louis erkennt darin an, dass sich Teilnehmer der Gelbwestenproteste rassistisch und homophob geäußert haben, spricht sich aber dennoch für die Fortsetzung der Bewegung aus, weil „sie endlich die Gesichter und Stimmen sichtbar und vernehmbar macht, die normalerweise in die Unsichtbarkeit gebannt werden“ und so das Leiden des Prekariats unter dem Klassensystem offenbart.[16]
Louis ist freundschaftlich eng mit Eribon und Geoffroy de Lagasnerie verbunden, worüber letzterer auch ein Buch veröffentlichte.[19]
Zitat
„Das Arbeitermilieu, Armut, Bildungsungleichheit, der Hochmut der Intellektuellen gegenüber der Landbevölkerung und die Skepsis der Abgehängten jedem Kosmopolitismus gegenüber, das sind Louis’ Themen seit seinem autofiktionalen Debüt, „Das Ende von Eddy“ (2015).“
– Miryam Schellbach: „Sie hat ihre Träume nicht verwirklicht.“ In: Süddeutsche Zeitung, Nr. 262 vom 12. November 2021, S. 11.
Werke
Pierre Bourdieu – L'insoumission en héritage. Presses Universitaires de France PUF, Paris 2013, ISBN 978-2-13-061935-2.
Auszug: Blau, weiß, rot. Frankreich erzählt. Herausgegeben von Olga Mannheimer. dtv, München 2017, ISBN 978-3-423-26152-4, S. 52–69.
Gemeinsam mit Geoffroy de Lagasnerie: Manifest für eine intellektuelle und politische Gegenoffensive. (Auf Deutsch in dem Band Wie wir leben wollen. Hrsg.: Matthias Jügler. Suhrkamp Verlag 2016)[22].
Combats et métamorphoses d'une femme. Éditions du Seuil, Paris 2021.
Deutsche Ausgabe: Die Freiheit einer Frau. Übersetzt von Hinrich Schmidt-Henkel. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2021, ISBN 978-3-10-000064-4.[24]
Changer: méthode. Éditions du Seuil, Paris 2021.
Deutsche Ausgabe: Anleitung ein anderer zu werden. Übersetzt von Sonja Finck. Aufbau Verlag, Berlin 2022, ISBN 978-3-351-03956-1.[25]
mit Christian Baron: Um sein Leben schreiben. Texte zu Herkunft und Zukunft, Tübinger Poetik Dozentur 2023, Künzelsau: Swiridoff 2024, ISBN 978-3-899-29461-3.
Rebecca Hohnhaus: „Prekäre Männlichkeit und die Abwehr des Weiblichen. Die Vaterfiguren bei Édouard Louis und Christian Baron“, in: Lars Henk (et al.): Prekäre Männlichkeiten: Klassenkämpfe, soziale Ungleichheit und Abstiegsnarrative in Literatur und Film. transcript Verlag, Bielefeld 2022, S. 231–250, ISBN 978-3-8376-6012-8.
↑Édouard Louis: "Im Herzen der Gewalt" - Die Eskalation einer spontanen Liebesnacht. In: Deutschlandfunk. (deutschlandfunk.de [abgerufen am 3. Dezember 2017]).
↑Carolin Weidner: Coming-of-Age-Film: Licht am Ende des Tunnels. In: Spiegel Online. 4. Juli 2018 (spiegel.de [abgerufen am 18. Februar 2019]).
↑Alex Rühle: Wie aus einer Vergewaltigung eine literarische Aufarbeitung wird. In: sueddeutsche.de. 3. September 2017, ISSN0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 3. Dezember 2017]).
↑Elisabeth von Thadden: "Im Herzen der Gewalt": Bei lebendigem Leibe. In: Die Zeit. 7. Juni 2018, ISSN0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 18. Februar 2019]).
↑Édouard Louis: Opinion | Why My Father Votes for Le Pen. In: The New York Times. 4. Mai 2017, ISSN0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 18. Februar 2019]).
↑ abMiryam Schellbach: Die Geschichte des geschundenen Körpers. In: Die Tageszeitung: taz. 26. Juli 2018, ISSN0931-9085, S.17 (taz.de [abgerufen am 18. Februar 2019]).
↑Iris Radisch: "Wer hat meinen Vater umgebracht": Macron beklaut meinen Vater. In: Die Zeit. 25. Januar 2019, ISSN0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 18. Februar 2019]).
↑ abÉdouard Louis: Gelbwesten: Wer sie beleidigt, beleidigt meinen Vater. In: Die Zeit. 5. Dezember 2018, ISSN0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 18. Februar 2019]).
↑Der französische Schriftsteller Édouard Louis wird Gastprofessor in Berlin | NZZ. 6. Juni 2018, ISSN0376-6829 (nzz.ch [abgerufen am 18. Februar 2019]).