6-Methyl-5-hepten-2-on
6-Methyl-5-hepten-2-on ist eine organisch-chemische Verbindung aus der Stoffgruppe der Ketone, genauer der Alkenone. Es ist als wichtiges Zwischenprodukt bei der Herstellung verschiedener Aromachemikalien von technischer Bedeutung. Vorkommen6-Methyl-5-hepten-2-on ist eines der wichtigsten flüchtigen Aromen von Tomaten.[5] Die Verbindung wurde ursprünglich im Zitronengras identifiziert, wurde aber in den ätherischen Ölen von Palmarosa, Zitronen, Eisenkraut, Geranien und anderen nachgewiesen. Ebenfalls wurde sie in Früchten (wie zum Beispiel Äpfeln, Aprikosen, Süß- und Sauerkirsche), aber auch in vielen weiteren Pflanzenprodukten (wie zum Beispiel Heidelbeeren, Preiselbeeren, Kartoffeln, Ingwer, Kakao, Tee, Sternfrucht, Reis und weiteren) nachgewiesen.[3] Einige Bienenarten geben die Verbindung ab, wobei andere auf diese Substanz reagieren.[6]
Gewinnung und DarstellungZur industriellen Synthese von 6-Methyl-5-hepten-2-on sind zahlreiche Verfahren bekannt, die sich vor allem im Punkt Rohstoffauswahl unterscheiden. Viele der technisch genutzten Verfahren beruhen auf petrochemischen Ausgangsstoffen und sind somit vollkommen synthetisch. Die Extraktion aus Zitronengrasöl oder Citral in wässriger Lösung mit Kaliumcarbonat und anschließender Destillation und Vakuumfraktionierung hat nur wenig Bedeutung.[3] Hoffmann-La Roche / DSM-ProzessAusgehend von Aceton (1), welches unter Faworski-Babayan-Bedingungen zu 2-Methyl-3-butin-2-ol (2) ethinyliert wird, wird durch eine selektive Hydrierung an einem Lindlar-Katalysator 2-Methyl-3-buten-2-ol (3) hergestellt. Parallel wird ebenfalls aus Aceton durch eine säurekatalysierte Acetalisierung mit Methanol das Acetondimethylacetal (4) (2,2-Dimethoxypropan) erzeugt, welches pyrolytisch unter Abspaltung von einem Molekül Methanol zum Isopropenylmethylether (5) gespalten wird. Dieser reagiert zusammen mit dem zuvor erzeugten 2-Methyl-3-buten-2-ol unter saurer Katalyse (z. B. Phosphorsäure) bei 120–200 °C und 2–7 bar zu dem Allylvinylether (6).[7] Bei erhöhten Temperaturen geht dieser eine Claisen-Umlagerung, also eine [3.3]-sigmatrope Umlagerungsreaktion, ein. Diese verläuft über einen sechsgliedrigen Übergangszustand (7), wodurch das Endprodukt 6-Methyl-5-hepten-2-on (8) gebildet wird.[8][9] Diketen-Acetessigester RouteEine weitere Route zur Herstellung von 6-Methyl-5-hepten-2-on geht ebenfalls von Aceton (1), welches analog zum Hoffmann-La Roche Prozess mit Acetylen zunächst zum 2-Methyl-3-butin-2-ol (2) und anschließend durch selektive katalytische Hydrierung an einem Lindlar-Katalysator zum 2-Methyl-3-buten-2-ol (3) umgesetzt wird. Durch Zugabe von Diketen (4) (alternativ Acetessigsäureethylester im Rahmen einer Umesterung) und einer Base (häufig Aluminiumtriisopropanolat) erfolgt die Umsetzung zum Allylacetoacetat (5). Beim Erhitzen geht dieses nach einer Keto-Enol-Tautomerie eine Carroll-Umlagerung ein (6), wobei im Zuge dessen aus dem Zwischenprodukt (7) relativ leicht Kohlendioxid abgespalten wird (Decarboxylierung) und 6-Methyl-5-hepten-2-on (8) gebildet wird.[9] Rhône-Poulenc / Kuraray-ProzessEin dritter Syntheseweg wurde von Rhône-Poulenc[10] und Kuraray[11] ausgearbeitet. Ausgehend von Isopren (1) erfolgt zunächst eine Hydrochlorierung (Addition von Chlorwasserstoff) zu einem Gemisch aus Prenylchlorid (1-Chlor-3-methyl-2-buten) (2) und etwas 3-Chlor-3-methyl-1-buten (3). Das Verhältnis der beiden Hydrochlorierungsprodukte kann durch die Wahl geeigneter Reaktionsbedingungen beeinflusst werden. Während 3-Chlor-3-methyl-1-buten bevorzugt nach einem 1,2-Additionsmechanismus entsteht, wird Prenylchlorid durch eine konjugierte 1,4-Addition gebildet. Durch Zugabe einer Base und eines Phasentransferkatalysators und Aceton (4) erfolgt im zweiten Schritt die nukleophile Substitutionsreaktion unter Bildung von 6-Methyl-5-hepten-2-on (5). Hierbei reagieren beide Hydrochlorierungsprodukte 2 und 3 mit dem Enolat des Acetons zum gleichen Endprodukt. Während die nukleophile Substitutionsreaktion von Prenylchlorid über einen SN2-Mechanismus abläuft, reagiert 3-Chlor-3-methyl-1-buten nach einem SN2'-Mechanismus.[8][9] BASF-ProzessAuch der von der BASF[12] entwickelte Prozess geht von Aceton (1) aus, welches zunächst unter basischen Bedingungen einer Aldolkondensation mit Formaldehyd (2) unterworfen wird. Das entstehende Methylvinylketon (3) reagiert anschließend mit Isobuten (4) in einer Carbonyl-En-Reaktion (5) zum isomeren 6-Methyl-6-hepten-2-on (6). Durch Isomerisierung an einem Palladium-Katalysator entsteht schließlich 6-Methyl-5-hepten-2-on (7).[8][13] Eigenschaften6-Methyl-5-hepten-2-on hat einen starken, frisch zitrusartig-grünen Geruch und einen bittersüßen Geschmack, der an Birnen erinnert.[3] Physikalische EigenschaftenDie Verbindung hat eine relative Dichte des Dampf-Luft-Gemisches von 1,00 (Dichteverhältnis zu trockener Luft bei 20 °C und Normaldruck). Die dynamische Viskosität beträgt 0,98 mPa·s bei 20 °C.[2] Chemische Eigenschaften6-Methyl-5-hepten-2-on ist eine entzündbare, jedoch schwer flüchtige Verbindung aus der Stoffgruppe der Ketone. Die Verbindung ist leichter als Wasser und darin nur schwer löslich. Wässrige Lösungen von 6-Methyl-5-hepten-2-on reagieren nur sehr schwach sauer. Eine Lösung mit 3 g·l−1 weist bei 25 °C einen pH-Wert von 6,6 auf.[2] Verwendung6-Methyl-5-hepten-2-on wird hauptsächlich als Zwischenprodukt bei der Herstellung von diversen Aromachemikalien wie Linalool und darauf aufbauenden Terpenoiden eingesetzt.[9] Die Verbindung wird aufgrund ihres angenehm fruchtigen Geruchs auch selbst als Aromastoff verwendet.[3] SicherheitshinweiseDie Dämpfe von 6-Methyl-5-hepten-2-on können mit Luft beim Erhitzen des Stoffes über seinen Flammpunkt explosive Gemische bilden. 6-Methyl-5-hepten-2-on wird hauptsächlich durch den Atemtrakt und die Haut aufgenommen. Bei Aufnahme oder Verschlucken kann es zu Reizwirkungen auf Schleimhäute und Haut kommen, wobei zur systemischen und chronischen Wirkungsweise bisher keine Angaben bekannt sind. Zur Reproduktionstoxizität, mutagene Wirkung und Kanzerogenität liegen bisher keine Angaben vor. 6-Methyl-5-hepten-2-on weist eine untere Explosionsgrenze (UEG) von 1,1 Vol.-% und eine obere Explosionsgrenze (OEG) von 7,3 Vol.-% auf. Mit einem Flammpunkt von 50 °C gilt 6-Methyl-5-hepten-2-on als entflammbar.[2] Einzelnachweise
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